Ausstellungen

Bad Frankenhausen: Werner Tübke – Zeichnungen und Aquarelle

Sonderausstellung "Anfang und Ende" im Panorama Museum bis 3. November
Werner Tübke Bad Frankenhausen

Von Gerd Lindner

Am 30. Juli 2024 wäre Werner Tübke 95 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass präsentiert das Panorama Museum eine Personalausstellung mit einer erlesenen Auswahl von 80 Zeichnungen und 10 Aquarellen aus der museumseigenen Sammlung. Zeitlich spannt sich der Bogen dabei über knapp ein halbes Jahrhundert, von 1947 bis 1992.

„Zeichnen ist elementares Bedürfnis«, so Werner Tübke, »alles andere kommt dann.“ Im Grunde habe er als Zeichner begonnen, und als Zeichner werde er auch aufhören. Was dazwischen liegt – die Malerei, das Hauptwerk – werde erst später eingeschätzt werden können, wenn die Zeit Abstand geschaffen hat. Dann erst könne das Werk seine Wirkung entfalten, dann erst werde man es klarer sehen: nackt. Zeichnen, das sei »Formung von etwas oder Fabulieren auf etwas hin, [sei] Lust und partielle Befriedigung«. Die Resultate, traumhafte Inventionen von feinster Stofflichkeit und Empfindungskraft, simulieren Wirklichkeit – eine Wirklichkeit, wie sie sich nur dem Künstler zeigt, geboren aus Kunsttradition, Sinneserfahrung und geistiger Offenbarung.

Die Zeichnung diente ihm als Studie, zur Ideenfindung, auch als Entwurf, bedeutete vor allem aber meisterhaft vollendetes, eigenständiges Finalprodukt. Disegno ist letztlich der Schlüsselbegriff in Tübkes künstlerischem Selbstverständnis. Disegno im Geiste der Renaissance als schöpferisches Prinzip, das nicht darauf angelegt ist, nur das Sichtbare nachzuvollziehen, sondern unendlich viel mehr hervorbringt: ästhetische Traktate von immenser Sinnlichkeit als antithetische Sinnbilder einer komplexen geistigen Verdichtung von Wirklichkeit, existenzielle Metaphern menschlicher Selbstbehauptung von eminent seinsnotwendigem Wert in einer Welt der Entfremdung, der Gefährdung und Verlassenheit. Werner Tübke, der tragische, einsame Maler-Philosoph, erlebte die Welt in Paradoxien und Gegensätzen, die er auf der Suche nach dem Selbst mittels synkretistischer Bilder von geheimnisvoller, metaphysischer Kraft zur Klärung zu bringen suchte. »Im Ergebnis aber«, so beharrte der Künstler, »ist alles Erfindung«.

Die Dauerausstellung des Panorama Museums, das Monumentalgemälde (14 x 123 Meter) von Werner Tübke, gehört zu den spektakulärsten Projekten in der neueren Kunstgeschichte. „Die  Sixtina des Nordens“ wurde 2011 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.

Abbildung: Werner Tübke, Die Dostojewskaja, 1979, Graphit auf gelblichem Zerkall-Ingres, 40,8 x 33,6 cm, Panorama Museum, Bad Frankenhausen, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024


Apolda: Der rote Schirm der Liebe

Das Kunsthaus Apolda präsentiert Malerei und Grafik von Carl Spitzweg
Carl Spitzweg Ausstellung Apolda

Von Wolfgang Leißling

Man kennt Carl Spitzweg (1808-1885) als Schöpfer des armen Poeten oder des verliebten Sonntagsjägers usw. Ab 1. September sind rund 100 Werke des Malers, Zeichners, Regisseurs, Botanikers und Apothekers im Kunsthaus Apolda zu sehen. Dazu gewann das Landratsamt Weimarer Land als Partner das Museum Georg Schäfer aus Schweinfurt, das über eine umfangreiche Sammlung zu Spitzweg verfügt.

Die ersten Zeichnungen dieses Künstlers des Biedermeiers entstanden schon um 1823. Die Kuratorin Andrea Fromm urteilt: „Spitzweg zeigt sich als brillanter und bissiger Interpret seiner Zeit, dessen Aktualität bis heute ungebrochen ist.“

Die vielversprechende Ausstellung trägt einen verlockenden Titel: „Der rote Schirm. Liebe und Heirat bei Carl Spitzweg“. Und so wird man nahe vieler Figuren des fabulierenden Malers einen roten Schirm entdecken: bei Mönchen, Einsiedlern, Käfersammlern, Sennerinnen… Was hat es damit auf sich – einem roten Schirm? Nun, er gehörte immerhin signalhaft in einigen deutschen Regionen zu den bäuerlichen Hochzeiten. Mit seiner Schirm-Metaphorik hält Spitzweg höchst amüsant dem Betrachter in seiner Zeit einen Spiegel vor. Besonders wichtig war dem Künstler jene schmachtende Liebe, die ihm selbst mit seiner früh verstorbenen Clara nur wenig Erfüllung bot.  Außerdem waren es bewegte vorrevolutionäre Jahrzehnte, in denen noch puritanische Werte galten.

Andrea Fromm: „Wie viele Intellektuelle kritisiert er die heuchlerische Doppelmoral und die politischen Entwicklungen seiner Zeit, in der die restaurativen Kräfte des Biedermeier und die reformerischen Ansätze des Vormärz zusammenprallen.“

Die Ausstellung zeigt gekonnt gemalte kleinformatige Idyllen und Bleistiftzeichnungen des hochbegabten satirischen Chronisten. Seine Tableaus faszinieren außerdem über deren künstlerisch-technisches Vermögen, zu dem jenes einmalige helle Blau und sein Paprikarot der ach so geliebten Rosen gehören.

Wie im attraktiven Katalog der Ausstellung (Hirmer Verlag) nachzulesen ist, gab es Zeiten, da durfte der rote Schirm in keiner Amts- und Schreibstube und bei kaum einer Wanderung fehlen. Auch heutzutage mangelt es nicht an gelungenen Reproduktionen mit all dem schrulligen und gutherzigen Personal des Carl Spitzweg, zu dem stets Zigarre und Schläfenbrille gehörten.

Bis zum 15. Dezember gibt sich Carl Spitzweg mit seinen Werken in der Bahnhofstraße 42 die Ehre. 

Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr.

www.kunsthausapolda.de

Abbildung: Carl Spitzweg, Der arme Poet, Entwurf, etwa 1837, Öl auf Papier, montiert auf Karton, 32,1 x 42,6 cm, Grohmann Museum, Milwaukee, USA


Dalí: Cybernetics

Im Kunstkraftwerk Leipzig: Immersives Kunsterlebnis in bislang nie gesehener Form
Leipzig Kunstkraftwerk Dali

Verneigung vor dem Großmeister des Surrealen: Das Kunstkraftwerk Leipzig macht das Leben und die Meisterwerke von Salvador Dalí zu einem Kunsterlebnis, das in dieser revolutionären Form in Deutschland so noch nie zu sehen war. In rund 90 Minuten treten die Besucher einen Parforceritt durch immersive 360-Grad-Multimedia-Räume, interaktive Installationen, Virtual-Reality-Erfahrungen, Infotainment-Angeboten und der Einladung an, selbst zum Künstler zu werden – „Dalí: Cybernetics”.

Wohl kaum ein Künstler hat es auf eine so populäre Stufe gebracht wie der 1904 geborene spanische Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner Salvador Dalí. Wer an Surrealismus denkt, denkt an ihn. Dalí wurde zur Ikone dieser Stilrichtung, schuf fantasievolle und bizarre Werke wie die schmelzenden Uhren in seinem Bild „Die Beständigkeit der Erinnerung“, brennende Giraffen oder Elefanten, die wie auf Stelzen zu gehen scheinen. Wahrnehmung sprengt bei Dalí Konventionen, Symbolik wird auf die Spitze getrieben und in fotorealistische neue Welten gegossen. Dabei geht sein Lebenswerk weit über die Malerei hinaus, betrifft Film und Mode und hinterlässt bis heute tiefgreifende Einflüsse bis hinein in die Popkultur.

Dalí war außerdem der erste digitale Künstler in der Geschichte, ein Pionier in der Verwendung digitaler Werkzeuge zur Schaffung seiner Werke. Seine Besessenheit von der Technologie führte ihn dazu, mit den ersten Computern und Denkmaschinen zu arbeiten, um die Grenzen der uns umgebenden Realität zu überschreiten. Die Exzentrik, Tiefe und das Visionäre des spanischen Jahrhundertkünstlers sind dabei höchst unterhaltsam, wie das Kunstkraftwerk in seinem atemberaubenden Parcours nicht nur zeigt, sondern erfahrbar macht.

In der Ausstellung wird die Realität zum Spiel, erweitert um digitale Erlebnisse und interaktive Haptik. Mithilfe modernster Technologie kombiniert sie Virtual Reality und immersive Installationen, die eine ganz neue Perspektive auf Dalís Meisterwerke ermöglichen.

Der Parcours beginnt im Kino-Bereich mit Filmen, die Salvador Dalís Leben und Kunst beleuchten. In der Dokumentation „Dalí in New York“ interagiert der katalanische Künstler mit der Stadt und ihren Bewohnern so, wie es in der Folge die Besucher des Kunstkraftwerks mit Dalís Werken tun. In der großen Maschinehalle folgt danach ein Mix aus modernsten 360-Grad-Projektionen, interaktiven Installationen, Hologrammen und der Licht- und Tonshow. In dem spektakulären Fabrik-Ambiente verschmelzen Kunst und Technologie zu einem innovativen Spektakel. Die immersive Multimediaschau erweckt Dalís ikonische Werke zum Leben und öffnet den Kopf für surreale Erlebnisse, die anschließend in der Kesselhalle noch intensiver werden.

Foto: Dalí Cybernetics ©Layers of Reality 


Jena: Galerie Huber & Treff zeigt neue Bilder von Mathias Perlet (Leipzig)

Die Ausstellung "space oddity" ist bis 21. September zu sehen
Kunsthandlung Huber & Treff Jena

Unter den Schwingen der Fantasie breiten sich wunderliche Szenerien aus. In Mathias Perlets Malerei finden sich Menschen, Tiere und Landschaften in realistischer Darstellung, doch die Zusammenstellung ist fantastisch. Naturgesetze und gewohnte Fremdheit scheinen aufgehoben, Wildtiere und Menschen betrachten in seltsam paradiesischer Trautheit kosmische Objekte. Bildvorder- und Hintergrund durchweben einander, der Horizont biegt sich in die Vertikale. - Logisch erschließen lassen sich die Bildkompositionen nur schwerlich, vielmehr bieten sie die Möglichkeit, sich in seltsame Welten hineinzufühlen.

Abbildung: Mathias Perlet, Flugversuch I, 2024, 100  x 120, Eitempera und Öl auf Leinwand (Foto: Huber & Treff)

H&T - Huber & Treff (huber-treff.de)


Bad Elster: Laudatio für Kafka

Malerei von Katja Müller (Plauen) in der Galerie des Königlichen Kurhauses

Die autodidaktische Künstlerin Katja Müller aus Plauen zeichnet und malt seit ihrer frühesten Kindheit. Anlässlich der Jubiläen zum 140. Kafka-Geburtstag 2023 und des 100. Todestages 2024 sind zahlreiche Studien, Skizzen und eine Serie von Acrylmalereien rund um Kafkas Werk entstanden, die nun in Bad Elster gezeigt werden. Die Künstlerin beschäftigte sich in ihrer Kunst auch stets mit Literatur und spürte dabei eine besondere Verbindung zu Kafkas Texten. In diesen verreist sie in seine Welt, die dadurch auch ihre wird. Dabei reflektiert sie intensiv die literarische Atmosphäre und es entstehen innere Bilder und Szenarien, welche dann von ihr auf Leinwand gebracht wurden. So entstand ein freier, ungezwungener Stilmix von realistisch bis abstrakt, der charakteristisch für die Künstlerin ist. Dabei wurden von Grafikelementen akzentuierte Lasur-, Misch- und Spachteltechniken angewendet.

Die wiederkehrende Farbgebung symbolisiert zahlreiche Facetten menschlichen Empfindens und charakterisiert so die Stilistik der Malerei, die sich damit in gewisser Weise an den von Kafka formulierten Textwelten aus Emotionen, Erfahrungen und Eigenschaften orientiert. Ohnmacht, Angst, Ablehnung aber auch Liebe und Verspieltheit sind die Themen dieser künstlerischen Interpretation, die den Betrachtenden durch eindrucksvolle literarische Bildwelten führt.

Die Ausstellung kann bis zum 18. Oktober 2024 jeweils Montag bis Freitag von 9.00 bis 17.00 Uhr sowie zu den Veranstaltungen im Königlichen Kurhaus Bad Elster besichtigt werden. Der Eintritt ist frei. 


Burg Posterstein – Trutzig seit 1191

Teil 1: Schlag um Schlag – Die Burg als Gerichtsort / Ausstellung im Museum Burg Posterstein
Museum Burg Posterstein Gericht Ausstellung

Die Ausstellung "Schlag um Schlag – Die Burg als Gerichtsort" ist Teil 1 der Ausstellungsreihe "Burg Posterstein – Trutzig seit 1191". Im Mittelpunkt steht die Burg als Ort, an dem Gericht gehalten und Recht gesprochen wurde. Auf vielen Burgen war der Burgherr auch der Richter. Zumindest besaß er das Recht, über seine Untertanen zu richten. Jedes Testament, jeder Verkauf, jede Vormundschaft ging über seinen Tisch und brachte ihm Geld ein. Die Dorfordnung und die Rügegerichtsordnung regelten, was man durfte oder nicht durfte und welche Strafe man zu erwarten hatte, wenn man die Vorschriften nicht einhielt. Oberstes Gebot war, dass sich „jeder eines ehrbaren und gotteswohlgefälligen Lebens befleißigen“ sollte.

Echte Postersteiner Kriminalfälle

Aber auch in Posterstein hielt sich nicht jeder an geltende Gebote: Unzucht, Mord und andere Untaten kamen vor Gericht. Seit dem 16. Jahrhundert wurden professionelle Advokaten angestellt. Ihnen zur Seite standen die Laienrichter und Schöffen aus der Dorfgemeinschaft. Folter als Mittel der Beweisaufnahme war üblich. Diese so genannte „peinliche Befragung“ durfte jedoch nur angewendet werden, wenn ausreichend Indizien für die Täterschaft vorlagen.

Extra für diese Schau: Kurzfilme!

Seit 1528 gibt es Postersteiner Gerichtsbücher. Sie verraten viel über die Menschen und ihre Zeit. Spannende Fälle passierten nicht jeden Tag in Posterstein. Für die Ausstellung rollte die Historikerin Sabine Hofmann alte Gerichtsfälle wieder auf. Laiendarsteller des Traditionsvereins Altenburger Prinzenraub und der Gefolgschaft zu Posterstein spielten ausgewählte Postersteiner Gerichtsfälle nach – von Mord, Unzucht und Gewalt über Diebstähle bis hin zur Beleidigung. Regie führten Marcella von Jan und Robert Gregor Kühn. Hinter der Kamera stand der Altenburger TV-Journalist Gunter Auer. Für die musikalische Begleitung sorgte Matthias von Hintzenstern. Die so entstandenen fünf Kurzfilme werden in der Neuen Scheune, aber auch in der Ausstellung zu sehen sein. Zentraler Ort der Ausstellung ist der historische Gerichtsraum der Burg in thematisch passendem Ambiente am originalen Schauplatz. 


Greiz: Ein Schweizer Pionier des Impressionismus

Sonderausstellung und Buchpräsentation Museum im Unteren Schloss Greiz
Unteres Schloss Greiz

Das Museum Unteres Schloss Greiz und Pashmin Art Consortia freuen sich sehr, Einzelausstellung des Schweizer Künstlers Julius Voegtli zu präsentieren.

Geboren am 29. März 1879 in Malters, begann Voegtli früh mit dem Malen und Zeichnen. Er studierte ab 1902 Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München bei dem renommierten Landschafts- und Genremaler Karl Raupp. Seine Studien in München prägten ihn stark, besonders durch den Kontakt mit Künstlern wie Ferdinand Hodler, Wassily Kandinsky, Enrico de Chirico, Alberto Giacometti und Paul Klee. Diese Einflüsse sind in seiner Verwendung von leuchtenden Farben und freiem Pinselstrich erkennbar.

Als Pionier des Schweizer Impressionismus umfassen seine Werke Landschaften, Stillleben, Porträts, Karikaturen usw. Julius Voegtli war als herausragender Künstler der bildenden Kunst tätig, veröffentlichte beachtliche literarische Werke und war auch in der Kommunalpolitik von Biel aktiv. Voegtlis Werke wurden zu seinen Lebzeiten ausgestellt, und seine Aquarelle wurden besonders für ihren fantasievollen Einsatz von Farbe gelobt. Pashmin Art hat seine Werke in mehreren Ausstellungen in Europa und China gezeigt, darunter im Hong Art Museum in Chongqing, im Archive Art Museum in Peking, im Dounan Art Museum in Kunming und im Hainan Tanka Museum in Hainan.


Ilmenau: "Goethe im Berg" - Illustrationen von Hamster Damm und Schätze der Bergbausammlung

Sonderschau bis 29. September im GoetheStadtMuseum
GoetheStadtMuseum Ilmenau

Anlässlich des 240-jährigen Jubiläums der Einweihung des Schachtes „Neuer Johannes“ durch Johann Wolfgang von Goethe auf Initiative des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach widmet das GoetheStadtMuseum Ilmenau diesem Thema eine Sonderausstellung. Sie rückt zugleich den fachlichen Aspekt dieses kühnen Unternehmens in den Mittelpunkt und bietet eine künstlerische Auseinandersetzung mit Goethes Wirken für den Ilmenauer Bergbau durch die Illustrationen von Joachim Hamster Damm. Diese gestaltete er für das Buch „Geheimnißvoll offenbar“ Goethe im Berg, geschrieben von seiner Mutter, Sigrid Damm. Es erschien 2009 im Insel Verlag. Dazu werden in der Exposition seine Vorentwürfe zu sehen sein.

Als Goethe in Amtsangelegenheiten am 3. Mai 1776 erstmals die Stadt Ilmenau betrat, stellte er fest, dass die Gegend zwar „herrlich“ war, aber die Bergbauanlagen nach einem Dammbruch vor 37 Jahren einen traurigen Anblick boten und die Bevölkerung große Not litt. Im Auftrag des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach wurde gemeinsam mit dem sächsischen Bergbausachverständigen Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra der Wiederangriff des Bergbaus gewagt. Goethe besuchte die Bergbauanlagen im Harz und war bestrebt, auch selbst technisches Wissen auf diesem Gebiet zu erlangen.

In der Sammlung des GoetheStadtMuseums Ilmenau befinden sich kostbare, historische Veröffentlichungen, die ihm möglicherweise als Fachliteratur dienten. Neben dem Standardwerk „Vom Bergwerk“ von Georgius Agricola aus dem Jahr 1557, studierte er die Henneberger Bergordnung von 1566. Sicher waren ihm auch die Bände „Unterirdische Schatzkammer aller Königreiche und Länder“ von Franz Ernst Brückmann von 1727/1730, das Fachbuch „Schauplatz der Wasserkünste“ von 1725 oder Veröffentlichungen zum Hütten- und Schmelzwesen von Abraham Schönberg und Andreas Schlüter aus den Jahren 1692 und 1738 bekannt. In Ilmenau konnte er sich auf einen der ersten Absolventen der Bergakademie Freiberg, den Fachmann Carl Wilhelm Voigt, verlassen. Seine Publikationen zur geologischen Erforschung Thüringens und dem Ilmenauer Kupfer- und Silberbergbau eröffneten in der Fachwelt einen erweiterten Diskurs zur Erforschung der Erdgeschichte.

So hoffnungsfroh die Unternehmung begann und man 1792 nach acht Jahren das Erz in einer Tiefe von 229 Metern erreichte, so groß war die Enttäuschung, als nach geringem Ertrag und dem Bruch des Entwässerungsstollens 1796 der Ilmenauer Kupfer- und Silberbergbau für immer niedergelegt werden musste.

Goethe vermerkte bereits 1794 in seinem Tagebuch „An dem Bergbaue zu Ilmenau hatten wir uns schon mehrere Jahre herumgequält; eine so wichtige Unternehmung isolirt zu wagen, war nur einem jugendlichen, thätig-frohen Übermuth zu verzeihen.“

Goethes Interesse an Geologie, Mineralogie und Paläontologie resultierte jedoch aus dieser Unternehmung und trug zu seiner Sammelleidenschaft bei. In der Exposition werden einige für die Region typischen Gesteine und Fossilien vorgestellt. Weitere Schätze der Ausstellung sind die Bergbarte (Bergaxt) Carl Augusts von Sachsen-Weimar Eisenach aus dem Stadtmuseum Weimar und ein Glasbecher, den der Vitzeberghauptmann Trebra seinem Freund Goethe zum Geschenk machte, eine Leihgabe der Klassik Stiftung Weimar.

Geöffnet Di-So sowie an Feiertagen von 10:00 bis 17:00 Uhr

Begleitprogramm: Sonderausstellung / Ilmenau - Goethe- und Universitätsstadt

Abbildung: Joachim Hamster Damm: Eröffnung © Joachim Hamster Damm


Leipzig: BEFLÜGELNDES FIEBER. Jugendstil im Grassi

GRASSI Museum für Angewandte Kunst präsentiert bis 6. Oktober rund 350 Objekte namhafter Künstler und Künstlerinnen des Jugendstils
GRASSI Museum für Angewandte Kunst präsentiert ab 4. November rund 350 Objekte namhafter Künstler und Künstlerinnen des Jugendstils.

Vertreten sind Arbeiten unter anderem von Emil Gallé, Henry van der Velde, Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich sowie bekannter Firmen und Manufakturen wie Johann Lötz Witwe, WMF, Meissen und KPM. Die Ausstellung umfasst Vasen, Schmuck und Dekor, aber auch Gegenstände des täglichen Lebens wie Geschirr und Besteck.

Eine Vielzahl der ausgestellten Werke stammt aus der Sammlung des Nürnberger Ehepaars Pese, die im Jahr 2020 als Schenkung in das Museum kam. Ergänzt wird die Schau durch Erwerbungen der letzten zwei Jahrzehnte aus dem umfangreichen Bestand des Museums. Bereits seit den späten 1890er Jahren hat das Museum Jugendstil gesammelt. Vor gut einem Jahrhundert war dies ein klares Bekenntnis zur Moderne und eine Abkehr des als verstaubt wahrgenommenen Historismus der Gründerzeit: auch Leipzig hatte das „beflügelnde Fieber“ erfasst.

Der Ausstellungstitel geht auf ein Zitat Robert Musils (1880 – 1942) zurück, der treffend die Zeit der Jahrhundertwende beschreibt, in der sich plötzlich dieses Fieber in ganz Europa ausgebreitet habe und ein Zeitenwandel stattfand. Eine Vielzahl der rund 350 ausgestellten Objekte stammt von dem Ehepaar Pese, dessen Sammlung zunächst als Leihgabe ins GRASSI Museum für Angewandte Kunst gekommen war. Im Oktober 2020 wurde sie dem Haus als Schenkung übereignet. Dr. Claus Peses Leidenschaft für den Jugendstil und den Historismus gründet auf seiner jahrzehntelangen professionellen Auseinandersetzung als Kunsthistoriker mit diesen Epochen. Fast dreißig Jahre war er im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg tätig und bearbeitete dort die schriftlichen Nachlässe aus allen Bereichen der bildenden Kunst. Bereits in seiner Dissertation (1980) beschäftigte er sich mit dem Jugendstil und spezialisierte sich dabei auf Werke, Firmen und Persönlichkeiten dieser Zeit aus seiner Heimatstadt Nürnberg. Seine Sammlung beschränkt sich aber keinesfalls auf diesen regionalen Bezug, sondern erweitert sich auf Werke aus ganz Deutschland, Frankreich, Tschechien usw. Im Jahr 2007 erschien eine umfassende Publikation zu diesem Thema. Daneben folgten weitere Publikationen, Vorträge und Essays zu den verschiedensten Bereichen der Epoche. Die Ästhetik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, dessen kulturelle Phänomene wie Künstlerkolonien und die verschiedenen, teilweise gegensätzlichen Bewegungen dieser Zeit faszinierten ihn sehr und führten dazu, dass er sich auch privat mit jenen Objekten umgeben wollte. Seine gemeinsam mit seiner Frau Maria aufgebaute Sammlung beschränkt sich aber keinesfalls auf diesen regionalen Bezug, sondern erweitert sich auf Werke aus ganz Deutschland, Frankreich, Tschechien usw. Die Sammlung Pese umfasst rund 120 Positionen des Art Nouveau aus Frankreich, Belgien und Deutschland. Darunter befinden sich Werke aus Metall, Glas, Porzellan und Holz. Vornehmlich handelt es sich um Dekorationsobjekte wie Vasen, Kerzenleuchter, Plastiken oder Figuren, aber auch Medaillen, Möbel und Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Tee- und Kaffeekannen, Geschirr, Besteck oder ein erster elektrischer Heißwasserkessel sind vertreten.

Ein umfangreiches Begleitprogramm ergänzt die Ausstellung durch Lesungen, Stadtführungen & kreative Workshops.

Foto: Felix Bielmeier


11. Triennale der Karikatur in Greiz

Rund 300 Werke dürfen im Sommerpalais belacht werden!
11. Triennale der Karikatur in Greiz RIL

Die 11. Triennale der Karikatur unter dem Motto „Ich denke, also spinn‘ ich!“ ist mit Werken von 126 Künstlerinnen und Künstlern die bisher größte Leitungsschau des SATIRICUMS  im Greizer Sommerpalais. Nahezu 300 Werke wurden für die neue Triennale ausgewählt, über 250 davon sind auch im Katalog abgebildet.

Zum diesjährigen Thema „Ich denke, also spinn‘ ich!“ erläutert Museumsdirektor Dr. Ulf Häder, dass „ein Thema gesucht wurde, dass den Zeitgeist abbildet. Die berühmte Erkenntnis des französischen Philosophen René Descartes „Ich denke, also bin ich!“ ist daher vom SATIRICUM mit einer ironischen Brechung übernommen worden. Aber Spinnen ist ja eine zutiefst menschliche Eigenschaft und eine Form des Denkens“.

Der Sammlungs- und Ausstellungsbereich für Karikaturen und Cartoons wurde 1975 in der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz gegründet. Heute bildet das Sommerpalais mit seinen Ausstellungen und Publikationen ein bedeutendes Zentrum dieser Kunstgattung in Deutschland. Die ursprünglich auf DDR-Künstler beschränkten Biennalen wurden nach der Wende auf den Dreijahresrhythmus umgestellt und für deutschsprachige Beiträge aus der gesamten Bundesrepublik und dem Ausland geöffnet.

In diesem Jahr wurden etwa 60 Prozent der Arbeiten von Zeichnerinnen und Zeichnern aus den alten Bundesländern eingesandt, darunter zahlreiche „Neulinge“, die erstmals in Greiz dabei sind.

Die Blätter greifen mit humoristischen Mitteln Themen aus Politik und Gesellschaft auf. Soziale Probleme werden ebenso behandelt wie Zwischenmenschliches oder moderne Entwicklungen der Digitalisierung. Dabei kommt der gattungstypische Humor nicht zu kurz. Ob traditionell mit der Feder gezeichnet, als Aquarell gemalt oder am Tablet entwickelt, Satire und Ironie gehören dazu, wenn sich im Zusammenwirken von Text und Bild – manchmal auch ganz ohne Text – der Witz entfaltet.

Die Ausstellung ist bis zum 3. Novemer 2024 geöffnet und eine der wenigen, die belacht werden wollen.

Abbildung: RIL, Hans Im Glück, 2024 / copyright: RIL

11. TRIENNALE der Karikatur – Sommerpalais Greiz (sommerpalais-greiz.de)


Weimar: Auseinandersetzung mit Ästhetik und Strategien totalitärer Systeme

Sonderausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ und „Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ im Weimarer Quartier der Moderne
Bauhaus und Nationalsozialismus Weimar Ausstellung

79 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges markieren die Klassik Stiftung Weimar und die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora mit einer gemeinsamen Eröffnung im Weimarer Quartier der Moderne ihre Haltung im gesellschaftspolitischen Diskurs der Gegenwart. Die Ausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus in drei Museen der Klassik Stiftung Weimar und die Eröffnung des Museums Zwangsarbeit im Nationalsozialismus laden im Wahljahr 2024 (26. Mai Kommunalwahlen, 9. Juni Europawahl sowie 1. September Landtagswahl) dazu ein, sich mit der Ästhetik und den Strategien totalitärer Systeme auseinanderzusetzen. Beide Stiftungen verstehen die gemeinsame Eröffnung auch als ihren Beitrag zu einem differenzierenden Geschichtsbewusstsein und als Botschaft der Weltoffenheit.

„Die Ausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus ist das zentrale Ereignis im Themenjahr Auf/Bruch der Klassik Stiftung Weimar. Im Superwahljahr 2024 – 100 Jahre nach dem Rechtsruck in der Thüringer Landesregierung 1924, der zur Vertreibung des Staatlichen Bauhauses führte – widmet sich die Stiftung bewusst den existentiellen Widersprüchen des 20. Jahrhunderts und dem Kampf um Demokratie, die unsere Gegenwart zutiefst prägen. Damit zeigen wir als bedeutende Kultur- und Forschungsinstitution auch politisch Haltung“, bekräftigte Präsidentin Ulrike Lorenz anlässlich der Pressekonferenz zu Eröffnung.

An drei Orten in Weimar zeigt die Sonderausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus auf 1.000 Quadratmetern rund 450 Kunst- und Designobjekte aus Privatsammlungen und renommierten Museen in Europa und den USA wie dem Whitney Museum oder dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York. Die Lebenswege der Bauhäusler*innen zeichnen ein multiperspektivisches Bild der Politik- und Gesellschaftsgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 

Das Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus zeigt die gesamteuropäische Dimension der NS-Zwangsarbeit in über 60 dokumentarisch und fotografisch aufbereiteten Fallgeschichten. Zwangsarbeit war das öffentlichste Massenverbrechen im Nationalsozialismus. Gezielt analysiert das Museum die problematische Beziehungsgeschichte von Deutschen und Zwangsarbeiter*innen und stellt die Frage nach den Handlungsspielräumen von Beteiligten. „Die Ausstellung greift damit über das eigentliche Thema Zwangsarbeit hinaus“, sagte Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner: „Sie zeigt die Funktionsweise einer radikal rassistisch strukturierten Gesellschaft, deren Bindekräfte Ideologien der Ungleichwertigkeit, Kriminalisierungsdiskurse gegenüber Ausgegrenzten und Verheißungen der Ungleichheit waren.“

Für interessierte Besucherinnen und Besucher bietet die Klassik Stiftung Weimar regelmäßig öffentliche Touren im Rahmen der Ausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus an, die an gleich drei Orten noch bis zum 15. September gezeigt wird. 

Im Schiller-Museum finden die Touren jeden Freitag um 14.30 Uhr und jeden Sonntag um 11.30 Uhr statt. Tickets im Online-Ticketshop sowie an den Museumskassen vor Ort. Im Museum Neues Weimar starten die öffentlichen Touren freitags und sonntags um 11 Uhr und im Bauhaus-Museum jeden Freitag um 13 und jeden Sonntag um 10 Uhr. Die Teilnahme kostet € 3,- p.P. zzgl. Eintritt.

Bauhaus und Nationalsozialismus - Ausstellung der Klassik Stiftung Weimar (klassik-stiftung.de)

 


A CHAIR AND YOU

Ausstellung bis 6. Oktober im GRASSI Leipzig
GRASSI Leipzig A Chair and You

Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst zeigt mit A CHAIR AND YOU eine der weltweit bedeutendsten Privatsammlungen von Stühlen, die von über 100 Künstlerinnen und Designern sowie Architektinnen und Architekten von den 1960er Jahren bis heute gestaltet wurden. Diese außergewöhnliche Schau ist einer der Höhepunkte im Jahr 2024, in dem das Museum sein 150jähriges Bestehen feiert.

Der Genfer Unternehmer und Sammler Thierry Barbier-Mueller (1960–2023) trug seit den späten 1990er Jahren unzählige innovative und außergewöhnliche Stuhlobjekte zusammen, deren skulpturaler Charakter weit über die übliche Typologie von Stühlen hinausreicht.
Die Präsentation der rund 140 Stühle wurde dem renommierten amerikanischen Regisseur und Künstler Robert Wilson anvertraut. In einer außergewöhnlichen Inszenierung lässt er die Besucherinnen und Besucher in immersive Welten eintauchen, in denen die Stühle zu Protagonisten einer Theateraufführung werden. Mit Ton, Licht und Gestaltungselementen, die an Bühnenbilder erinnern, wird eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen, in der das ikonenhafte Designobjekt Stuhl in seinen zahlreichen Variationen auf ungewohnte Weise entdeckt werden kann. Wilson hinterfragt die Objekte, macht sie sich zu eigen und haucht ihnen Leben ein, um sie selbst sprechen zu lassen.
A CHAIR AND YOU konfrontiert die Gäste mit einer „Oper“ in vier Akten und ebenso vielen Bühnenwelten – mit einer Szenografie, in der anhand der einzigartigen Sammlung von Thierry Barbier-Mueller auch die Geschichte der Kunst und des Designs von den 1960er Jahren bis heute erzählt wird.

Kuratorinnen Chantal Prod'Hom, Lausanne/ CH Charlotte Savolainen-Mailler, Genf/ CH Ausstellungsstruktur und Gestaltung Robert Wilson/ New York, USA

Ein Buch zur gesamten Sammlung ist im Museumsshop erhältlich: The Spirit of the Chair. The Chair Collection of Thierry Barbier-Mueller, Oktober 2022, Lars Mueller Publishers GmbH, 384 Seiten, 927 Abbildungen, 22x30cm (engl./ franz.)

Foto: Bright selection A, copyright Lucie Jansch


Kunstverein Gera präsentiert: FARBE! Werke von Wolfgang Schwarzentrub

Ausstellung bis 12. September
Wolfgang Schwarzentrub

Der Kunstverein Gera zeigt in einer Personalausstellung Arbeiten des in Gera arbeitenden und lebenden Künstlers Wolfgang Schwarzentrub.

Die Ausstellung vereint neue und ältere Werke mit Blick auf das künstlerische Schaffen eines mit seiner Heimatstadt tief verwurzelten Repräsentanten und Vermittlers zeitgenössischer Kunst. Seine Bilder erzeugen einen Bildraum, der durch Schichtungen und Schraffuren des Hintergrundes zur Konzentration auf das zentrale Bildmotiv führt. Oder es werden aus kontrastierenden Farben und Formen räumliche Körper vor einen Hintergrund gestellt. Was sich so vor das Auge des Betrachters stellt und zum neugierigen Eindringen auffordert, verlässt dann die plane Bildoberfläche und wird von vornherein als räumliches Objekt gestaltet.

Kunstverein Gera e.V.
Markt 8/9 | 07545 Gera

Öffnungszeiten: Freitag bis Samstag 15:00 - 18:00 Uhr


Jena: Graphic Novel Ausstellung „Drei Steine“

Provoking Panels von Illustrator Nils Oskamp bis 9. Oktober in der Villa Rosenthal

Nils Oskamp erzählt in seiner autobiografischen Graphic Novel „Drei Steine“ die Geschichte seiner Jugend in den 1980er Jahren in Dortmund-Dorstfeld, wo er Opfer rechter Gewalt wurde.

Als ein Mitschüler in der Schulklasse den Holocaust verleugnet und weitere Nazi-Parolen propagiert, lehnt sich Nils Oskamp dagegen auf und sagt ihm und seinen Mitschüler:innen klar seine Meinung. Dadurch macht er sich zur Zielscheibe der örtlichen Neonazis und es beginnt ein Kampf ums nackte Überleben.

Nils Oskamp zeigt in eindrücklichen Bildern, wie die Leher:innen und die Polizei die Bedrohung nicht ernst nehmen und auch die Familie die Gefahr nicht erkennt. Mehrfach wird er krankenhausreif geschlagen. Die Spirale der Gewalt eskaliert und gipfelt in zwei Mordanschlägen.

Nils Oskamp ist in Dortmund aufgewachsen und studierte im Ruhrgebiet Grafikdesign mit dem Schwerpunkt Illustration. Die Graphic Novel über seine Jugend, sein Leben mit der Angst und die Ohnmacht von Staat und Bevölkerung gegenüber rechtsradikaler Gewalt, ist eine beeindruckende Mahnung an alle, die den Rechtsradikalismus verharmlosen. Ein Werk, das umso bedrückender ist, da es auch dokumentiert, dass die rechte Bedrohung inmitten unserer Gesellschaft wächst.

Die Ausstellung war seit 2017 an vielen Orten in ganz Deutschland zu sehen und zeigt Original-Zeichnungen, Gemälde, Studien, Texttafeln, ein Diorama sowie eine Medienstation mit Video-, Audio- und Foto-Beiträgen.

 


Weida: Thüringen - Land der offenen Heimat(en)

Sonderausstellung im Künstleratelier der Osterburg zu sehen bis 31. Oktober

Kultur und Landschaft, Musik und Theater, Handwerk und Industrie – Thüringen hat seit Jahrhunderten von kulturellen Einflüssen und Zugewanderten aus aller Herren Länder profitiert. Heimat war daher nie ein homogenes, abgeschlossenes System einer eng definierten Gruppe „immer schon Dagewesener". Und auch in Zukunft wird Thüringen nur lebenswert, attraktiv und produktiv bleiben, wenn wir offen sind für auswärtige Einflüsse, Ideen und Menschen.

Die vom Heimatbund Thüringen erarbeitete Ausstellung macht einige dieser Einflüsse an Beispielen sichtbar. Die Ausstellung wird zeitgleich in Greiz und in Weida gezeigt. „Der Heimatbund Thüringen hat schon Anfang des Jahres überlegt, was man tun kann, um demokratische Kräfte, vor allem im ländlichen Raum, zu stärken“, sagt der Vorsitzende des Heimatbundes Thüringen, Burkhardt Kolbmüller. Man wolle darauf hinweisen, dass Heimat noch nie ein abgeschlossenes Konstrukt gewesen sei. So sei der Wunsch nach einer Ausstellung entstanden, die den Begriff der offenen Heimat erläutert, der von dem Tübinger Volkskundler Herrmann Bausinger im Vorfeld der Gründung des Thüringer Heimatbundes geprägt wurde.

Bausinger wird auf den zwölf Ausstellungstafeln immer wieder zitiert. „Sein Eingangszitat auf der ersten Tafel bringt unser Anliegen auf den Punkt. Heimat kann nicht mit Abgrenzung von fremden Einflüssen definiert werden“, sagt Kolbmüller und gibt ebenjenes Zitat des Volkskundlers wieder: „Heimat kann nicht definiert werden über die Gnade langer Sesshaftigkeit. Heimat, die sich in unserer mobilen, die Menschen durcheinander würfelnden Zeit gegen die Fremden und das Fremde kategorisch abgrenzt, verdient diesen Namen nicht. Heimat ist eine Frage des Zusammenlebens und wir tun gut daran, uns zu öffnen für Impulse von außen, für neue Formen lebendiger Kultur.


Gera: Glas-Kunst und Blumenbilder im Haus Schulenburg

Sonderausstellung im Henry van de Velde Museum bis 30. September
Ausstellung Haus Schulenburg Gera

Das Henry van de Velde Museum Haus Schulenburg in Gera würdigt die Aufnahme der manuellen Glasfertigung in das Kulturerbe der Menschheit durch die UNESCO mit der Ausstellung Glas-Kunst und Blumenbilder. 

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen wertvolle Gläser des Historismus, des Jugendstils und des Art Deco, die den Besucher auf eine farbenfrohe Reise von 1850 bis 1940 entführen. Die gläsernen Kunstwerke stammen aus großen privaten Sammlungen – großer Dank an die Leihgeber. Sie sind sonst im Grassi-Museum Leipzig, im Bröhan-Museum Berlin oder im Driehaus-Museum Chicago zu sehen. Einen schönen Kontrast zu den leuchtenden Gläsern bilden Blumenbilder des englischen Arts and Crafts Künstlers Walter Crane und ausgewählter Künstler des 20. Jahrhunderts: Curt Hermann, deutscher Neoimpressionist, Georg Muche, seinerzeit jüngster Bauhausmeister, Otto Herbig aus dem Umfeld der Brückemaler, Hilde Linzen-Gebhardt und Frida von Düring (Weimar), Albinmüller (Künstlerkolonie Darmstadt), Dora Koch-Stetter (Ahrenshoop), Hans Rudolph (Gera).

Die traditionelle Glasfertigung gehört zum Kulturerbe der Menschheit

Anlass für die bemerkenswerte Ausstellung ist die Aufnahme der traditionellen manuellen Glasfertigung in Finnland, Frankreich, Spanien, Tschechien, Ungarn und Deutschland in die UNESCO-Welterbeliste am 6. Dezember 2023. Die Glashütte Lamberts in Waldsassen gehört zu den Initiatoren dieser Anerkennung, Lamberts ist eine von zwei Firmen weltweit, die noch mundgeblasenes Flachglas herstellen. Dieses Glas ziert die beleuchteten Zifferblätter des Big Ben in London, die Glaskunst des Rockefeller-Centers in New York, die Fenster der Dresdner Frauenkirche und das opaleszierende Oberlicht des Hauses Schulenburg.

Protagonisten der Glasgestaltung

Die Glaskunst nach 1900 erhielt enorme Impulse durch technische Innovationen bei der Glasherstellung.
Der Pariser Händler japanischer Kunst und Gründer von „Maison d'Art nouveau“ Siegfried Bing brachte Gläser von Louis Comfort Tiffany aus New York mit und hatte das Tiffany-Alleinvertriebsrecht für Europa. In Nancy stellte Emile Galle, der u. a. Zoologie und Botanik studiert hatte, seine prächtigen verschiedenfarbig überfangen, geätzten und geschliffenen Gläser, häufig mit botanisch genauen Pflanzendecoren her. 1901 gründete er mit den Glasherstellern Auguste und Antonin Daum, sowie René Lalique und Gabriel Argy Rousseau die berühmte Ecole de Nancy.
Weitere berühmte Firmen des Glashandwerks waren u. a.: Delatte – Nancy (Frankreich), die Poschingers (Bayern), die Lausitzer Glaswerke – Weißwasser (Sachsen), Loetz Witwe – Klostermühle (Böhmen), die Glasfabrik Fritz Heckert – Petersdorf (Schlesien), WMF – Geislingen (Württemberg).

Neue Prinzipien der künstlerischen Gestaltung um 1900

Unter dem Einfluss der englischen Arts and Crafts-Bewegung, der Avantgarde in Belgien und Frankreich und der wieder entdeckten japanischen Kunst befreite sich die künstlerische Gestaltung von der historisierend-naturalistischen Einengung des 19. Jahrhunderts. Der Gegensatz zwischen „Bildender Kunst“ und „Angewandter Kunst“ löste sich auf. Die freie dekorative Linie, kontrastierende Farben, Materialien und die Orientierung an den Bedürfnissen des modernen Menschen belebten Gebäude, Innenräume und Gegenstände. Die Kunst wurde „von hohem Sockel“ in das alltägliche Leben geholt. Art nouveau (Frankreich) und Jugendstil (Deutschland, Österreich) bereiteten sich innerhalb von 25 Jahren über ganz Europa aus. 1925 zelebrierte Paris die internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe – Namensgeberin von Art Deco.
Henry van de Velde formulierte in dieser Zeit die Prinzipien der „vernunftgemäßen Gestaltung“, eine Theorie des Designs, welche bis in die „Bauhausära“ und die heutige Moderne Gültigkeit hat.

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10:00-17:00 Uhr, Sa/So und feiertags 14:00-17:00 Uhr

Abbildung: Jugendstilgläser Gallé, Daum u. a.

Weimar: Sonderausstellung Olaf Metzel - "Deutschstunde"

Bis 1. November auf Schloss Belvedere und im Liszt-Haus

Die Klassik Stiftung Weimar bereitet im Sommer 2024 der zeitgenössischen Kunst eine große Bühne: Auf Schloss Belvedere und im Liszt-Haus wird sich Olaf Metzel in seiner Ausstellung Olaf Metzel: Deutschstunde mit raumgreifenden Arbeiten den gesellschaftspolitischen Ereignissen der jüngsten deutschen Geschichte widmen.

Olaf Metzel, einer der bedeutendsten deutschen Gegenwartskünstler und langjähriger Professor an der Akademie der Bildenden Künste in München, hat sich im Laufe seines künstlerischen Schaffens intensiv mit den politisch-sozialen Brüchen und Befindlichkeiten deutscher Historie auseinandergesetzt. Über 30 seiner Werke präsentiert er nun erstmals in dieser Zusammenstellung, darunter einige eigens für Weimar entstandene Arbeiten. Ausgewählt und für Weimar aktualisiert hat der Bildhauer eine Version seines bekannten Werkes NSU (2013/24), ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Installationen und Objekten, die das Spannungsfeld zwischen Orient und Okzident thematisieren, wie das Kebap Monument (2007) und Turkish Delight (2006).

Im Themenjahr Auf/Bruch der Klassik Stiftung Weimar, das die politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen und Wendepunkte seit dem 20. Jahrhundert in den Blick nimmt, bilden Metzels Arbeiten ein Angebot, sich mit der eigenen Kultur und Gesellschaft produktiv auseinanderzusetzen. Im Obergeschoss des Schlosses Belvedere werden die vertrauten Sehgewohnheiten des Publikums erstmals durch zeitgenössische Kunstwerke aufgebrochen. Im Liszt-Haus ermöglichen Zeichnungen, Entwurfsskizzen und Modelle einen Einblick in den Werkprozess des klassisch ausgebildeten Bildhauers.


Gera: 40 Jahre Museum für Angewandte Kunst

Sonderausstellung "Von Art Déco bis DDR Design" bis 8. Oktober zu sehen
Gera Museum für Angewandte Kunst

Am 6. Oktober 1984 wurde in der Greizer Straße 37-39 das Museum für Kunsthandwerk, heute Museum für Angewandte Kunst eröffnet. Das 40-jährige Jubiläum ist Anlass für eine große Sonderausstellung, in der Mode, Möbel, Alltagsgegenstände und Fotografien bis hin zu Gebrauchsgrafik und Keramik aus dem eigenen Bestand die Strömungen des Zeitgeistes im 20. Jahrhunderts aufleben lassen.

Die Spanne reicht vom dekorativen, glamourösen Stil des Art déco bis zum modernen Design des Bauhauses und der funktionalen Formgestaltung von DDR-Produkten. Mit der Museumsneugründung sollte 1984 das neu errichtete Wohnquartier in der Geraer Innenstadt kulturell aufgewertet werden. Zudem wollte man das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, benannt nach einem seiner Vorbesitzer, dem Mäzen Dr. Moritz Rudolph Ferber öffentlich zugänglich machen. Mit der zweiten Sonderausstellung Kunst um 1900 wurden rückblickend die Weichen für die Entwicklung eines richtungsweisenden Sammlungsprofils gestellt. Das 20. Jahrhundert rückte in den Fokus. Schon in den 1980er-Jahren zählte zudem die DDR-Gebrauchsgrafik zu einem Schwerpunkt.

Im 20. Jahrhundert wird mit der massenhaften Verbreitung von Maschinenprodukten im Zuge der industriellen Revolution die Frage nach einer zeitgemäßen Formensprache diskutiert. Einerseits wurden standardisierte schlichte Formen als Vorlagen für die serielle Industrieproduktion gefordert. Andererseits gab es Stimmen, die sich weiterhin für die Position eines individuellen künstlerischen Stils einsetzten. Handwerker selbst sahen sich verstärkt in Richtung der Produktion repräsentativer Luxusgüter gedrängt.

Die Grenze zwischen Kunst und Design ist oft fließend, industriell hergestellte Serienprodukte und handwerkliche Unikate stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Sie alle erzählen Geschichten – von repräsentativer Tischkultur, künstlerischen und technischen Formen, dem Beginn des Corporate und Kommunikations-Designs sowie der Massenproduktion, die gestützt wurde durch die Erfindung neuer Werkstoffe wie Bakelit oder Polystyrol. Über allem stehen in der Ausstellung dabei die Fragen: Was wollen wir kollektiv erinnern? Was sammeln und bewahren? Welche Bedeutung haben die Objekte für den Einzelnen und für die Gemeinschaft?

Katalog zur Ausstellung im Hirmer Verlag, München. Autorinnen und Autoren: Christina Bitzke, Felix Eckerle, Dirk Hoffmann, Konrad Kessler, Astrid Lindinger, Julia Ortmeyer, Miriam Poitz, Frank Rüdiger, Claudia Schönjahn, Anne-Kathrin Segler // ISBN: 978-3-7774-4334-8 Museumspreis: 24,90 € / Buchhandelspreis: 34,90 €

Mittags im Museum – Kurzführung durch die Ausstellung jeden Mittwoch, 12:30 Uhr

Öffentliche Führungen Sa 14. & 28. September, 14:00 

Finissage und Feier zum 40. Jahrestag der Eröffnung Sonntag, 6. Oktober

Foto: Kuratorin Anne-Kathrin Segler in der Sonderschau (Foto: Dagmar Paczulla)


Chemnitz: Hanna Bekker vom Rath - Eine Aufständische für die Moderne

Bis 20. Oktober, Kunstsammlungen am Theaterplatz
Hanna Bekker vom Rath

Das Ausstellungsprojekt widmet sich einer der engagiertesten Sammler:innen und Kunsthändler:innen des 20. Jahrhunderts. Sie zeigt ein Geflecht von Künstlerfreundschaften und künstlerischen Beziehungen der Klassischen Moderne und der Nachkriegszeit aus der Perspektive einer außergewöhnlichen Persönlichkeit.

Hanna Bekker vom Rath (1893 – 1983) begann als Malerin, Sammlerin, Kunsthändlerin und engagierte Botschafterin für die moderne Kunst. Aus gutem Hause stammend erwarb sie in den 1920er Jahren ein Haus in Hofheim, das sogenannte »Blaue Haus«, das zeit ihres Lebens ein Zentrum eines selbstbestimmten und emanzipierten Lebens sein sollte. Das Blaue Haus war ein offenes und gastfreundliches Refugium für die Bildenden Künste und die Künstler:innen, aber auch Musik und Literatur fanden dort Förderung und Debatten. Mit verschiedenen Künstler- und Themenräumen zeichnet die Ausstellung in den historischen Räumlichkeiten der Kunstsammlungen die engen Beziehungen Hanna Bekker vom Raths zu berühmten Künstlerpersönlichkeiten auf. Dazu gehörten ihre Malerei-Lehrerinnen Ottilie W. Roederstein und Ida Kerkovius, Bildhauerinnen und Powerfrauen wie Emy Roeder oder Louise Stomps, Künstlerfreunde wie Adolf Hölzl, Alexej Jawlensky, Willi Baumeister und Karl Schmidt-Rottluff. Hanna Bekker vom Rath unterstützte »ihre« Künstler:innen, die von Arbeitsverboten eingeschränkt waren, auch in den schweren Zeiten des Nationalsozialismus. So veranstaltete sie 1940 bis 1943 »heimliche« Ausstellungen in ihrer Berliner Wohnung.

Zahlreiche Meisterwerke konnten für die Ausstellung gewonnen werden, die einst von Hanna Bekker vom Rath erworben wurden, darunter Max Beckmanns Ochsenstall und Karl Schmidt-Rottluffs Gemälde Mittelmeerhafen (1930), ebenso wie verschiedene farbenprächtige Gemälde des Künstlers, die während seiner Aufenthalte in Hofheim entstanden sind. Unter den Skulpturen finden sich besondere Stücke von Henri Laurens, Alexander Archipenko, eine Wuzhiqi-Figur und Schmidt-Rottluffs Holzskulptur Arbeiter mit Ballonmütze (1922). Von Paul Klee ist das Aquarell Läufer, Haker, Boxer zu sehen.

Immer wieder portraitierten die Freunde sich gegenseitig. Ein Raum widmet sich den handgearbeiteten Teppichen von Ida Kerkovius. Erstmals nach über 87 Jahren ist auch das Gemälde Männer bei Kerze (1920) wieder in den Kunstsammlungen Chemnitz zu sehen. Es wurde im Januar 1922 von Schreiber-Weigand erworben und 1937 durch die Enteignungsaktionen der Nationalsozialisten beschlagnahmt. Es galt einige Jahre als verschollen, befindet sich heute in Privatbesitz und als Dauerleihgabe im Museum Wiesbaden. »Alle Freiheit« war ein geflügeltes Wort von Hanna Bekker vom Rath. Nach dem Krieg gründete sie ihre Galerie, das Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, die sie bis in die 1980er Jahre betrieb. Ihre Leidenschaft fürs Reisen verband sie mit selbst initiierten internationalen Wanderausstellungen »aus dem Koffer«, die die Kunstwerke zu Diplomaten des Nachkriegsdeutschlands machten.

Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit dem Brücke-Museum Berlin und der Ko-Kuratorin Marian Stein-Steinfeld, der Enkelin von Hanna Bekker vom Rath. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog mit zahlreichen Textbeitragen und Abbildungen im Hirmer Verlag erschienen.

Foto: Hanna Bekker vom Rath im Roten Zimmer des Blauen Hauses mit Kunstwerken von Alexej von Jawlensky, Ida Kerkovius, Alexander Archipenko, Wilhelm Lehmbruck sowie dem Wuzhiqi, 1946 Foto: Marta Hoepffner © Estate Marta Hoepffner


Weimar: Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten

Handschriftliche Widmungen als Spuren der Geschichte
Weimar Studienzentrum

Was erzählen Widmungen in Büchern über die Menschen, die sie hineingeschrieben haben? Was erfahren wir über diejenigen, für die sie gedacht waren?

Die Sonderausstellung „Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten. Handschriftliche Widmungen als Spuren der Geschichte“ im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek begibt sich auf eine Spurensuche. Im Fokus stehen handschriftliche Widmungen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Widmungsgeber und die Widmungsempfänger gehörten den unterschiedlichsten politischen Lagern an – sie waren Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten. Die Ausstellung fragt nach den personellen und historischen Kontexten der zunächst oft unspektakulär wirkenden Eintragungen. Und sie folgt den Wegen, auf denen die Bücher in jener an Auf-, Um- und Abbrüchen dramatisch reichen Zeit in die Bibliothek gelangten.

Bis 30. November, Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek (Platz der Demokratie 4) Mo–Fr | 9–20 Uhr, Sa | 9-17 Uhr - Eintritt frei

Foto: Studienzentrum Herzogin Anna Amalia Bibliothek (Foto: Thomas Müller © Klassik Stiftung Weimar)


Aus dem Dunkel der Vorzeit – Altenburgs prähistorische Sammlung in neuem Licht

Gemeinsames Ausstellungsprojekt der Altenburger Museen im Schloss- und Spielkartenmuseum
Altenburg Schloss- und Spielkartenmuseum

Im ersten großen gemeinsamen Ausstellungsprojekt der Altenburger Museen wird bei einer Sonderausstellung bis zum 10. November 2024 die archäologische Sammlung der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft im Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg präsentiert. Zahlreiche kaum mehr bekannte, doch bedeutende Exponate werden hier erstmals einer interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Besucherinnen und Besucher erwartet bei der Ausstellung „Aus dem Dunkel der Vorzeit – Altenburgs prähistorische Sammlung in neuem Licht“ nicht nur ein spannendes sondern auch ein lehrreiches Ausstellungserlebnis. Bereits zum Auftakt der Präsentation wird ein Eindruck vom archäologischen Schauplatz Ostthüringen vermittelt: Auf einer großformatigen Flurkarte werden archäologische Fundorte in der Region vorgestellt und damit zugleich der Reichtum prähistorischer Objekte aus dem Osterland und den umliegenden Regionen. 

Diese Objekte stellen die Basis für die – in ihrem Umfang – bisher einmalige Ausstellung dar. Neben Ausstellungshighlights wie den goldenen Lockenringen vom Altenburger Lerchenberg oder dem Hortfund von Schlöben werden auch Stücke gezeigt, die als Gebrauchsgegenstände eingeordnet werden können. Beispielsweise illustriert eine große Auswahl prähistorischer Äxte nicht nur ihren früheren Zweck, sondern auch die handwerklichen Fähigkeiten altertümlicher Zivilisationen. Der Präsentation dieser Gegenstände sowie mehrerer überregionaler Exponate, deren Entstehungszeit über mehrere tausend Jahre reicht, gingen in den vergangenen Jahren erhebliche Forschungs- und Analysearbeiten voraus. Die Ergebnisse werden nun erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Komplettiert wird die Ausstellung durch Leihgaben aus dem Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, der Klassik Stiftung Weimar (Goethe Nationalmuseum) und dem Landesmuseum für Vorgeschichte Halle.

Zugleich setzt sich die Ausstellung mit der Sammlungsgeschichte archäologischer Artefakte aus der Region auseinander. Die besondere Stellung der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes (GAGO) und ihres Mitgliedes Ernst Amende (1852-1940) wird ebenso thematisiert, wie Altenburgs zweite, von Bernhard August von Lindenau zusammengetragene, archäologische Sammlung. Außerdem wirft die Ausstellung einen Blick in die Geschichte des Schloss- und Spielkartenmuseums. Durch die Rekonstruktion des hauseigenen Depots bekommen die Besucherinnen und Besucher einen Eindruck von der Aufbewahrungspraxis im Museum. Mit etwas Selbstironie werden dabei auch die teils unorthodoxen – aus Materialmangel resultierenden – Verwahrmethoden aus der Zeit der DDR verdeutlicht. 

Den Bogen in die Gegenwart spannt die Ausstellung mit Erläuterungen zu aktuellen Funden aus dem Altenburger Land. So wurden zuletzt im Zuge von Fernleitungsarbeiten mehr als 20 Fundstellen ausgemacht, denen archäologische Untersuchungen folgten. Die Funde datieren teils bis in die Jungsteinzeit (ca. 5000 v. Chr.).

Ein eigens dafür eingerichteter Vermittlungsbereich ermöglicht es den Besucherinnen und Besuchern während des Ausstellungsaufenthaltes kreativ zu arbeiten. Nicht nur können beispielsweise Formen antiker Keramiken auf einem leuchtenden Untergrund nachgezeichnet, auch können eigene Gedanken formuliert und durch eine Zeitkapsel für die Nachwelt konserviert werden. Durch den Einsatz einer Graphic Novel und des Ausstellungsführers „Wippi“ wird der Zugang zu den Exponaten besonders für jüngere Besucherinnen und Besucher erleichtert.

Foto: Steven Ritter


Weimar: Eine Niederländerin fördert die deutsche Kulturnation

Sonderausstellung „Sophie. Macht. Literatur“ im Goethe- und Schiller-Archiv | Bis 15. Dezember
Sophie Ausstellung Weimar

Zum 200. Mal jährt sich 2024 der Geburtstag einer außergewöhnlichen Frau: der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach. Ihr Wirken ging weit über das für Regentinnen übliche kulturelle Mäzenatentum hinaus. Mit der Initiierung der ersten Gesamtausgabe von Goethes Werken, der Weimarer Ausgabe, und der Gründung des ersten forschungsbasierten Literaturarchivs auf deutschem Boden schrieb sich die gebürtige Niederländerin unwiederbringlich in die deutsche Kulturgeschichte ein und prägte das (inter-)nationale Goethe-Bild bis heute. Die Sonderausstellung „Sophie. Macht. Literatur – Eine Regentin erbt Goethe“die bis zum 15. Dezember im Goethe- und Schiller-Archiv zu sehen ist, widmet sich kritisch den Verdiensten Sophies und fragt, in welchem Wechselverhältnis Literatur und Macht in der damaligen wie auch in der aktuellen Kulturpolitik stehen.

„Sophies Initiative, Goethes Nachlass der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu erforschen, war entscheidend für die Anerkennung der Dichterhandschriften als UNESCO-Weltdokumentenerbe ,Memory of the World‘ 2001. Ihr persönliches und ihr finanzielles Engagement ermöglichten den Bau des Goethe- und Schiller-Archivs, das sich zu einem Zentrum für unser literarisch-kulturelles Gedächtnis des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelt hat“, erläutert Dr. Christian Hain, kommissarischer Direktor des Archivs.

Im April 1885 erhält die bereits 61-jährige Großherzogin als Alleinerbin den handschriftlichen Nachlass Johann Wolfgang von Goethes. Bereits fünf Tage nach der Testamentseröffnung lässt Sophie die wertvollen Handschriften ins Weimarer Stadtschloss bringen. Schon im Mai steht der Masterplan der kulturpolitisch aktiven Regentin: Neben der Errichtung eines Goethe-Archivs strebt sie die Erarbeitung der ersten Gesamtausgabe von Goethes Werken und die Erstellung einer umfassenden Goethe-Biografie an. Unter dem Einfluss des Wilhelminischen Zeitgeistes, der nationale Identität nicht ohne nationale Literatur denkt, erkennt Sophie das Potential des Dichters und Geheimen Rats als geeigneter Projektionsfigur. Komplementär zur politischen Hauptstadt Berlin ist Weimar als geistiges Zentrum Deutschlands zu etablieren. Um ihre Ziele zu verwirklichen, greift Sophie hin und wieder selbst ins Forschungsgeschehen ein: so muss Herman Grimm sein Vorwort zur Goethe-Gesamtausgabe mehrfach ändern, erotische Passagen aus Goethes „Venetianischen Epigrammen“ und „Römischen Elegien“ werden vor der Veröffentlichung zurückgehalten. Nicht an der Weimarer Ausgabe beteiligten Forschern wird schließlich der Zugang zu Goethes Handschriften verwehrt, um den Exklusivanspruch des patriotischen Großprojekts nicht zu gefährden.

Die Ausstellung „Sophie. Macht. Literatur“ führt das Wirken einer Niederländerin vor Augen, die zwei der renommiertesten nationalstaatlichen Projekte zur Förderung deutscher Literatur umsetzt und größtenteils aus ihrem Privatvermögen finanziert. Einmal mehr wird damit deutlich, dass Archive und die in ihnen aufbewahrten Nachlässe auch stets gesellschaftspolitisch beeinflusste und wirkende Instanzen zur Fortschreibung des kollektiven Gedächtnisses sind.

Abbildung: Lauchert, Sophie v. SWE, © Klassik Stiftung Weimar


Gotha: S.O.S. Grünes Herz. Unsere Natur im Wandel

Ausstellung bis 27. Oktober im Herzoglichen Museum Gotha, Ausstellungshalle

Wolf, Borkenkäfer und japanischer Staudenknöterich sind in die Ausstellungshalle des Herzoglichen Museums Gotha eingezogen – und mit ihnen viele Fragen, Informationen und Antworten rund um eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Ausstellung „S.O.S. Grünes Herz. Unsere Natur im Wandel“, die Jahreshauptausstellung 2024 der Friedenstein Stiftung Gotha, behandelt ein globales Thema auf lokaler Ebene und nimmt dabei auch gesellschaftliche Themen in den Blick. Sie lädt die Besucher*innen auf eine Reise durch die Veränderungen unserer heimischen Landschaften und Ökosysteme ein.

Die Schau zeigt an Beispielen aus dem lokalen Umfeld Gothas, welchen Einfluss der Mensch auf seine Umwelt hat. Industriell geprägte Landschaften, Monokulturen in der Land- und Forstwirtschaft, die Begradigung und Kanalisierung vieler Fließgewässer – all das hat nicht nur ökologische, sondern auch soziale und ökonomische Folgen. Die Ausstellung beleuchtet nicht nur seltene und gefährdete, sondern auch eingeschleppte Arten, die unsere Ökosysteme bedrohen. Natur- und Artenschutz werden als wichtige Instrumente diskutiert, aber auch die Grenzen und Perspektiven dieser Maßnahmen aufgezeigt. Verschiedene Zukunftsszenarien runden die Ausstellung ab.

Ein besonderes Highlight ist die große, zentrale Inszenierung „Moderne Natur“, die als zeitgemäßes, stilisiertes Großdiorama die Ausstellungsthemen sinnlich und visuell zugänglich macht. Hier ist auch ein filigranes Orchideenmodell zu sehen, das dank der großzügigen Unterstützung der Museumslöwen – Gemeinschaft zur Förderung des Museums der Natur Gotha e.V nun Teil der naturkundlichen Sammlung des Friedenstein ist.

In der Sonderausstellung sind rund 100 Exponate zu sehen, darunter überwiegend präparierte Tiere, Insektenkästen und genadelte Insekten, naturwissenschaftliche Modelle sowie Gemälde, Kupferstiche und Porzellan. Ergänzt werden diese durch digitale und analoge Hands-on-Stationen.


Lutherhaus Eisenach zeigt Ausstellung, die aufklärt und mahnt

Sonderausstellung „Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ‚Entjudungsinstitut‘ 1939–1945“ bis 23. Dezember zu sehen
Lutherhaus Eisenach verlängert erfolgreiche Sonderausstellung

„Angesichts der besorgniserregenden Zunahme antisemitischer Ansichten – auch in kirchlichen und akademischen Milieus – scheint unsere Sonderausstellung leider aktueller denn je zu sein“, sagt Museumsdirektor Dr. Jochen Birkenmeier. „Die bösartige Mischung aus Verschwörungsmythen, Judenhass und Pseudo-Wissenschaft zeigt im Falle des sogenannten Entjudungsinstituts beispielhaft, welche Folgen ideologische Verblendung und die Dämonisierung von Minderheiten haben können. In Zeiten wachsender Demokratieverachtung soll unsere Ausstellung deshalb weiterhin der Aufklärung und Mahnung dienen.“

Über die Sonderausstellung „Erforschung und Beseitigung“

Seit 2019 zeigt die Stiftung Lutherhaus Eisenach auf einer Fläche von knapp 120 Quadratmetern die Hintergründe, die Arbeit und die Nachwirkungen des 1939 in Eisenach gegründeten „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Im Rahmen museumspädagogischer Angebote können sich zudem Schüler- und Erwachsenengruppen unter anderem über die Wurzeln des kirchlichen Antisemitismus informieren und darüber diskutieren, wie man in der heutigen Zeit für Toleranz und Dialog einstehen kann. Bei weiteren Workshops können sich die Teilnehmer:innen in dreisprachiger Kalligraphie üben oder die Riten und Symbole des Judentums kennenlernen.

Foto © Stiftung Lutherhaus Eisenach (Sascha Willms)