Ausstellungen

Bad Frankenhausen: Werner Tübke – Zeichnungen und Aquarelle

Sonderausstellung "Anfang und Ende" im Panorama Museum bis 3. November
Werner Tübke Bad Frankenhausen

Von Gerd Lindner

Am 30. Juli 2024 wäre Werner Tübke 95 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass präsentiert das Panorama Museum eine Personalausstellung mit einer erlesenen Auswahl von 80 Zeichnungen und 10 Aquarellen aus der museumseigenen Sammlung. Zeitlich spannt sich der Bogen dabei über knapp ein halbes Jahrhundert, von 1947 bis 1992.

„Zeichnen ist elementares Bedürfnis«, so Werner Tübke, »alles andere kommt dann.“ Im Grunde habe er als Zeichner begonnen, und als Zeichner werde er auch aufhören. Was dazwischen liegt – die Malerei, das Hauptwerk – werde erst später eingeschätzt werden können, wenn die Zeit Abstand geschaffen hat. Dann erst könne das Werk seine Wirkung entfalten, dann erst werde man es klarer sehen: nackt. Zeichnen, das sei »Formung von etwas oder Fabulieren auf etwas hin, [sei] Lust und partielle Befriedigung«. Die Resultate, traumhafte Inventionen von feinster Stofflichkeit und Empfindungskraft, simulieren Wirklichkeit – eine Wirklichkeit, wie sie sich nur dem Künstler zeigt, geboren aus Kunsttradition, Sinneserfahrung und geistiger Offenbarung.

Die Zeichnung diente ihm als Studie, zur Ideenfindung, auch als Entwurf, bedeutete vor allem aber meisterhaft vollendetes, eigenständiges Finalprodukt. Disegno ist letztlich der Schlüsselbegriff in Tübkes künstlerischem Selbstverständnis. Disegno im Geiste der Renaissance als schöpferisches Prinzip, das nicht darauf angelegt ist, nur das Sichtbare nachzuvollziehen, sondern unendlich viel mehr hervorbringt: ästhetische Traktate von immenser Sinnlichkeit als antithetische Sinnbilder einer komplexen geistigen Verdichtung von Wirklichkeit, existenzielle Metaphern menschlicher Selbstbehauptung von eminent seinsnotwendigem Wert in einer Welt der Entfremdung, der Gefährdung und Verlassenheit. Werner Tübke, der tragische, einsame Maler-Philosoph, erlebte die Welt in Paradoxien und Gegensätzen, die er auf der Suche nach dem Selbst mittels synkretistischer Bilder von geheimnisvoller, metaphysischer Kraft zur Klärung zu bringen suchte. »Im Ergebnis aber«, so beharrte der Künstler, »ist alles Erfindung«.

Die Dauerausstellung des Panorama Museums, das Monumentalgemälde (14 x 123 Meter) von Werner Tübke, gehört zu den spektakulärsten Projekten in der neueren Kunstgeschichte. „Die  Sixtina des Nordens“ wurde 2011 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.

Abbildung: Werner Tübke, Die Dostojewskaja, 1979, Graphit auf gelblichem Zerkall-Ingres, 40,8 x 33,6 cm, Panorama Museum, Bad Frankenhausen, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024


11. Triennale der Karikatur in Greiz

Rund 300 Werke dürfen im Sommerpalais belacht werden!
11. Triennale der Karikatur in Greiz RIL

Die 11. Triennale der Karikatur unter dem Motto „Ich denke, also spinn‘ ich!“ ist mit Werken von 126 Künstlerinnen und Künstlern die bisher größte Leitungsschau des SATIRICUMS  im Greizer Sommerpalais. Nahezu 300 Werke wurden für die neue Triennale ausgewählt, über 250 davon sind auch im Katalog abgebildet.

Zum diesjährigen Thema „Ich denke, also spinn‘ ich!“ erläutert Museumsdirektor Dr. Ulf Häder, dass „ein Thema gesucht wurde, dass den Zeitgeist abbildet. Die berühmte Erkenntnis des französischen Philosophen René Descartes „Ich denke, also bin ich!“ ist daher vom SATIRICUM mit einer ironischen Brechung übernommen worden. Aber Spinnen ist ja eine zutiefst menschliche Eigenschaft und eine Form des Denkens“.

Der Sammlungs- und Ausstellungsbereich für Karikaturen und Cartoons wurde 1975 in der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz gegründet. Heute bildet das Sommerpalais mit seinen Ausstellungen und Publikationen ein bedeutendes Zentrum dieser Kunstgattung in Deutschland. Die ursprünglich auf DDR-Künstler beschränkten Biennalen wurden nach der Wende auf den Dreijahresrhythmus umgestellt und für deutschsprachige Beiträge aus der gesamten Bundesrepublik und dem Ausland geöffnet.

In diesem Jahr wurden etwa 60 Prozent der Arbeiten von Zeichnerinnen und Zeichnern aus den alten Bundesländern eingesandt, darunter zahlreiche „Neulinge“, die erstmals in Greiz dabei sind.

Die Blätter greifen mit humoristischen Mitteln Themen aus Politik und Gesellschaft auf. Soziale Probleme werden ebenso behandelt wie Zwischenmenschliches oder moderne Entwicklungen der Digitalisierung. Dabei kommt der gattungstypische Humor nicht zu kurz. Ob traditionell mit der Feder gezeichnet, als Aquarell gemalt oder am Tablet entwickelt, Satire und Ironie gehören dazu, wenn sich im Zusammenwirken von Text und Bild – manchmal auch ganz ohne Text – der Witz entfaltet.

Die Ausstellung ist bis zum 3. Novemer 2024 geöffnet und eine der wenigen, die belacht werden wollen.

Abbildung: RIL, Hans Im Glück, 2024 / copyright: RIL

11. TRIENNALE der Karikatur – Sommerpalais Greiz (sommerpalais-greiz.de)


Über existentielle Widersprüche und Demokratie

Klassik Stiftung Weimar im Themenjahr „Auf/Bruch“

Vor dem Hintergrund des Thüringer Wahljahres 2024 widmet die Klassik Stiftung Weimar ihr Themenjahr dem 20. Jahrhundert mit seinen radikalen Auf- wie Umbrüchen. Ausgewählte Sammlungsbestände der Stiftung werden im Kontext der historischen Wendepunkte 1924, 1933 und 1949 auf ihre Überlieferungszusammenhänge untersucht und etablierte Deutungsmuster hinterfragt. Im Fokus der Ausstellungen, Veranstaltungen und diskursiven Projekte steht jeweils die zentrale Frage, welche Verbindung Kultur und Politik immer wieder aufs Neue eingehen und welche Rolle Künstler*innen und Kunst in einer liberalen und weltoffenen Gesellschaft einnehmen können. Die Jahresausstellung der Stiftung setzt sich erstmals öffentlich mit dem Thema „Bauhaus und Nationalsozialismus” auseinander. Die dreiteilige Schau verdeutlicht die komplexe politische Geschichte des Bauhauses bis zu seiner Schließung 1933 und zeigt die äußerst unterschiedlichen Lebenswege der Bauhäusler*innen in der Diktatur. Dabei wird schnell klar, dass die Moderne niemals immun war gegenüber einer Verführbarkeit durch totalitäre Regime.

Die Jahresausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ bis zum 15. September untersucht erstmals die Verstrickungen des Staatlichen Bauhauses und seiner Angehörigen mit dem Nationalsozialismus nach 1933. An den drei Orten Bauhaus-Museum Weimar, Museum Neues Weimar und Schiller-Museum zeigt die Schau auf 1.000 Quadratmetern rund 450 Kunst- und Designobjekte aus Privatsammlungen und renommierten Museen in Europa und den USA.

Begleitende Formate (Auswahl)

„Sophie. Macht. Literatur. Eine Regentin erbt Goethe“
Bis 15. Dezember, Goethe- und Schiller-Archiv Weimar

Die Weimarer Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach wurde 1885 alleinige Erbin Goethes handschriftlicher Werke. Für die sichere Aufbewahrung der Handschriften wollte sie ein funktionales und zugleich würdiges Gebäude errichten lassen: das Goethe- und Schiller-Archiv. Sophie war aber nicht nur Bauherrin und Nachlassverwalterin, sondern auch Kulturpolitikerin. Sie verfolgte das Ziel, Goethes Schriften für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Ausstellung „Sophie. Macht. Literatur“ setzt sich kritisch mit den Verdiensten Sophies auseinander und fragt nach den Verbindungen von Literatur und Politik.

Weitere Informationen: www.klassik-stiftung.de/sophie

Nietzsche-Archiv

Der Schwerpunkt „Weimar und der Nationalsozialismus“ wird bis zum 1. November durch ein Angebot im Nietzsche-Archiv ergänzt: Was hat Friedrich Nietzsche mit dem Nationalsozialismus zu tun? Warum konnten sich Faschisten und Antifaschisten zugleich für ihn begeistern? Die Kabinettausstellung „Nietzsche im Nationalsozialismus“ legt dar, wie aus einem europäischen Denker ein „deutscher Prophet“ wurde. Die Präsentation stellt die widersprüchlichen Nietzsche-Aneignungen vor und fragt nach der Verantwortung des berühmten Philosophen für diesen fatalen Bruch in seiner Wirkungsgeschichte. 

Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Den Spuren einer an Auf- und Umbrüchen dramatisch reichen Zeit widmet sich die Präsentation „Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten“ im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Im Fokus der Schau stehen bis zum 30. November handschriftliche Widmungen aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, deren Verfasser und Empfänger aus den unterschiedlichsten politischen Lagern stammten.

Schloss Belvedere und Liszt-Haus

Eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit der bewegten deutschen Geschichte bietet die mehrteilige Ausstellung „Olaf Metzel: Deutschstunde“. An den historischen Orten Schloss Belvedere und Liszt-Haus gehen die politischen Werke des in Berlin geborenen Bildhauers und Objektkünstlers Metzel in einen inhaltlichen und ästhetischen Dialog mit der historischen Umgebung. Die Schau bildet bis 1. November den Auftakt der neuen Reihe „Weimar Contemporary“, mit der die Stiftung ihre Aktivitäten im Bereich der zeitgenössischen Kunst bündelt. Neben eigens für Weimar entstehenden Arbeiten sowie einer neuen Version von „NSU“ (2013/24) werden Installationen zum Aufeinandertreffen von Orient und Okzident wie „Kebap Monument“ (2007) oder „Turkish Delight“ (2006) zu sehen sein.

>> Das komplette Programm des Themenjahres „Auf/Bruch“ finden Sie hier.


Burg Posterstein – Trutzig seit 1191

Teil 1: Schlag um Schlag – Die Burg als Gerichtsort / Ausstellung im Museum Burg Posterstein
Museum Burg Posterstein Gericht Ausstellung

Die Ausstellung "Schlag um Schlag – Die Burg als Gerichtsort" ist Teil 1 der Ausstellungsreihe "Burg Posterstein – Trutzig seit 1191". Im Mittelpunkt steht die Burg als Ort, an dem Gericht gehalten und Recht gesprochen wurde. Auf vielen Burgen war der Burgherr auch der Richter. Zumindest besaß er das Recht, über seine Untertanen zu richten. Jedes Testament, jeder Verkauf, jede Vormundschaft ging über seinen Tisch und brachte ihm Geld ein. Die Dorfordnung und die Rügegerichtsordnung regelten, was man durfte oder nicht durfte und welche Strafe man zu erwarten hatte, wenn man die Vorschriften nicht einhielt. Oberstes Gebot war, dass sich „jeder eines ehrbaren und gotteswohlgefälligen Lebens befleißigen“ sollte.

Echte Postersteiner Kriminalfälle

Aber auch in Posterstein hielt sich nicht jeder an geltende Gebote: Unzucht, Mord und andere Untaten kamen vor Gericht. Seit dem 16. Jahrhundert wurden professionelle Advokaten angestellt. Ihnen zur Seite standen die Laienrichter und Schöffen aus der Dorfgemeinschaft. Folter als Mittel der Beweisaufnahme war üblich. Diese so genannte „peinliche Befragung“ durfte jedoch nur angewendet werden, wenn ausreichend Indizien für die Täterschaft vorlagen.

Extra für diese Schau: Kurzfilme!

Seit 1528 gibt es Postersteiner Gerichtsbücher. Sie verraten viel über die Menschen und ihre Zeit. Spannende Fälle passierten nicht jeden Tag in Posterstein. Für die Ausstellung rollte die Historikerin Sabine Hofmann alte Gerichtsfälle wieder auf. Laiendarsteller des Traditionsvereins Altenburger Prinzenraub und der Gefolgschaft zu Posterstein spielten ausgewählte Postersteiner Gerichtsfälle nach – von Mord, Unzucht und Gewalt über Diebstähle bis hin zur Beleidigung. Regie führten Marcella von Jan und Robert Gregor Kühn. Hinter der Kamera stand der Altenburger TV-Journalist Gunter Auer. Für die musikalische Begleitung sorgte Matthias von Hintzenstern. Die so entstandenen fünf Kurzfilme werden in der Neuen Scheune, aber auch in der Ausstellung zu sehen sein. Zentraler Ort der Ausstellung ist der historische Gerichtsraum der Burg in thematisch passendem Ambiente am originalen Schauplatz. 

Die Ausstellung gehört zur zweiteiligen Ausstellungsreihe „Burg Posterstein – Trutzig seit 1191“ zum Thüringer Burgenjahr. Teil 2 heißt „Stein auf Stein – Von der Wehrburg ins Heute“ und wird ab 18. August 2024 zu sehen sein.


Weimar: Auseinandersetzung mit Ästhetik und Strategien totalitärer Systeme

Sonderausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ und „Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ im Weimarer Quartier der Moderne
Bauhaus und Nationalsozialismus Weimar Ausstellung

79 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges markieren die Klassik Stiftung Weimar und die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora mit einer gemeinsamen Eröffnung im Weimarer Quartier der Moderne ihre Haltung im gesellschaftspolitischen Diskurs der Gegenwart. Die Ausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus in drei Museen der Klassik Stiftung Weimar und die Eröffnung des Museums Zwangsarbeit im Nationalsozialismus laden im Wahljahr 2024 (26. Mai Kommunalwahlen, 9. Juni Europawahl sowie 1. September Landtagswahl) dazu ein, sich mit der Ästhetik und den Strategien totalitärer Systeme auseinanderzusetzen. Beide Stiftungen verstehen die gemeinsame Eröffnung auch als ihren Beitrag zu einem differenzierenden Geschichtsbewusstsein und als Botschaft der Weltoffenheit.

„Die Ausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus ist das zentrale Ereignis im Themenjahr Auf/Bruch der Klassik Stiftung Weimar. Im Superwahljahr 2024 – 100 Jahre nach dem Rechtsruck in der Thüringer Landesregierung 1924, der zur Vertreibung des Staatlichen Bauhauses führte – widmet sich die Stiftung bewusst den existentiellen Widersprüchen des 20. Jahrhunderts und dem Kampf um Demokratie, die unsere Gegenwart zutiefst prägen. Damit zeigen wir als bedeutende Kultur- und Forschungsinstitution auch politisch Haltung“, bekräftigte Präsidentin Ulrike Lorenz anlässlich der Pressekonferenz zu Eröffnung.

An drei Orten in Weimar zeigt die Sonderausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus auf 1.000 Quadratmetern rund 450 Kunst- und Designobjekte aus Privatsammlungen und renommierten Museen in Europa und den USA wie dem Whitney Museum oder dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York. Die Lebenswege der Bauhäusler*innen zeichnen ein multiperspektivisches Bild der Politik- und Gesellschaftsgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 

Das Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus zeigt die gesamteuropäische Dimension der NS-Zwangsarbeit in über 60 dokumentarisch und fotografisch aufbereiteten Fallgeschichten. Zwangsarbeit war das öffentlichste Massenverbrechen im Nationalsozialismus. Gezielt analysiert das Museum die problematische Beziehungsgeschichte von Deutschen und Zwangsarbeiter*innen und stellt die Frage nach den Handlungsspielräumen von Beteiligten. „Die Ausstellung greift damit über das eigentliche Thema Zwangsarbeit hinaus“, sagte Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner: „Sie zeigt die Funktionsweise einer radikal rassistisch strukturierten Gesellschaft, deren Bindekräfte Ideologien der Ungleichwertigkeit, Kriminalisierungsdiskurse gegenüber Ausgegrenzten und Verheißungen der Ungleichheit waren.“

Für interessierte Besucherinnen und Besucher bietet die Klassik Stiftung Weimar regelmäßig öffentliche Touren im Rahmen der Ausstellung Bauhaus und Nationalsozialismus an, die an gleich drei Orten noch bis zum 15. September gezeigt wird. 

Im Schiller-Museum finden die Touren jeden Freitag um 14.30 Uhr und jeden Sonntag um 11.30 Uhr statt. Tickets im Online-Ticketshop sowie an den Museumskassen vor Ort. Im Museum Neues Weimar starten die öffentlichen Touren freitags und sonntags um 11 Uhr und im Bauhaus-Museum jeden Freitag um 13 und jeden Sonntag um 10 Uhr. Die Teilnahme kostet € 3,- p.P. zzgl. Eintritt.

Bauhaus und Nationalsozialismus - Ausstellung der Klassik Stiftung Weimar (klassik-stiftung.de)

 


Jena: Kunst und Nachbarschaft

Paula Gehrmann präsentiert bis 28. Juli die Ausstellung VARIABLE im Frommannschen Skulpturen Garten der Universität Jena
Paula Gehrmann präsentiert vom 17. Mai bis 28. Juli die Ausstellung „VARIABLE“ im „Frommannschen Skulpturen Garten“ der Universität Jena

Wie wollen wir öffentlichen Raum gestalten? Eine Antwort auf diese Frage gibt der diesjährige „Frommannsche Skulpturen Garten“ der Universität Jena. Der Garten wird bis 28. Juli von einer Skulpturengruppe der Leipziger Künstlerin Paula Gehrmann bewohnt. Ihre minimalistischen Skulpturen aus verzinktem Stahl eröffnen einen Parcours durch den Garten und unterstützen seine Idee als öffentlicher Raum.

Im Sinne des Ausstellungstitels „VARIABLE“ sind die Skulpturen modular aufgebaut und verbinden sich immer wieder neu mit den räumlichen und sozialen Kontexten, mit denen die Künstlerin in Berührung kommt. Im Garten des Frommannschen Anwesens steht die Begegnung zwischen Kunstwerk, Nachbarschaft sowie Besucherinnen und Besucher im Mittelpunkt. Die Skulpturengruppe VARIABLE bietet vielfältige Möglichkeiten, gemeinsam oder allein vor Ort aktiv zu werden: Sie können als Arbeitstisch genutzt werden, als Präsentationsfläche für Ideen und Kunst oder einfach als Ausgangspunkt, um den Garten zu entdecken und dort zu verweilen.

„Ich sehe den Kunstraum als eine Möglichkeit, gegenseitige Unterstützung und Freundschaft zu üben. Meine Arbeiten sind ein Werkzeug, um die Strukturen des Ortes greifbar, zugänglich und damit auch verhandelbar zu machen. Die Skulpturen möchten ins Gespräch kommen, Nähe provozieren, gemeinsame Aktionen anstoßen und Handlungspotenziale denkbar machen. Sie erscheinen auf den ersten Blick nüchtern und warten auf einen Dialog und auch auf den Mut der Betrachterinnen und Betrachter, zum Vorschein und in die Öffentlichkeit zu treten“, sagt die Künstlerin über ihre Skulpturen.

Spielräume zeigen

Paula Gehrmanns Installationen versuchen, denjenigen Gesprächen, Handlungen und Menschen einen Platz einzuräumen, die zum Beispiel im Ausstellungsraum oft nicht sichtbar sind. Die Künstlerin beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Barrieren und Potenzialen des Kunstraumes, der möglichst vielen Menschen zugänglich sein sollte. Dafür arbeitet sie oft mit Gruppen und Individuen vor Ort zusammen.

Öffnungszeiten: Das Frommannsche Anwesen (Fürstengraben 18, 07743 Jena) ist montags bis freitags von 7 bis 22 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

https://www.jenaer-kunstverein.de/fsg-2024-paula-gehrmann-variable/

Foto: Paula Gehrmann


Bad Köstritz: Fotografien von Inesj. Plauen und Ute Reinhöfer

„Unterwegs“ bis 9. August in der Galerie „gucke“
Fotografie Inesj. Plauen

Der Titel der Ausstellung »Unterwegs« ist Programm. Die beiden Künstlerinnen zeigen Arbeiten, die auf Reisen nach Frankreich, Tschechien, Israel, Spanien, in die USA und in Deutschland entstanden sind. Im Spannungsfeld von urbanem Leben und der Einsamkeit stiller Pilgerpfade begegnen sich Motive. Einerseits gesehen und eingefroren in der Flüchtigkeit eines Augenblicks und andererseits in der Anmutung einer naturgegeben währenden Dauer. Die Ausstellung zeigt konkret, malerisch, verfremdete Zeugenschaft zweier Reisenden. Unterwegs gewesen zu sein, bekundet den Blick von Inesj. Plauen auf fremde Stadtlandschaften, auf Stadtkultur und auf der Schwelle des Eigenen. Dagegen verweist Ute Reinhöfer mit ihren zusammengesetzten Notaten auf visuelle Erzählungen von unterwegs auf Pilgerwegen, die sie durch Portugal, Spanien und Deutschland führten.

Die ausstellenden Künstlerinnen haben sich bewusst für diesen Ausstellungsort für das Medium Fotografie entschieden. Damit präsentieren sie einen spezifischen Einblick in ihr künstlerisches Schaffen. Bei Inesj. Plauen umfasst dies Malerei, Grafik, Performances, Skulpturen und Installationen und bei Ute Reinhöfer gehören neben Fotografien auch Videoarbeiten, schriftstellerische Projekte sowie Collagen dazu.

Foto: Inesj. Plauen „Fotograf“, Venedig


Das malerische Bad Elster von H.R.O. Knothe

Ausstellung bis 16. August im Königlichen Kurhaus Bad Elster
Bad Elster Ausstellung Knothe

Bad Elster/CVG. Im Zuge der 27. Chursächsischen Sommers wurde vergangene Woche in der Galerie des Königlichen Kurhauses Bad Elster die neue Ausstellung »Mein malerisches Bad Elster« mit einer Werkschau des in Bad Elster wirkenden akademischen Kunstmalers H.R.O. Knothe eröffnet. Das wechselnde Ausstellungsprogramm der Kultur- und Festspielstadt ist dabei fester Bestandteil der kulturtouristischen Gästeangebote in den Königlichen Anlagen des Sächsischen Staatsbades.

Von 1923 bis zu seinem Tode 1961 hat der Maler in Bad Elster gewirkt und gelebt. Von 1915 bis 1945 betreute er eine ständige Kunstausstellung in Bad Elster, stellte aber auch in München, Dresden, Leipzig und Berlin aus. Vielen Zeitgenossen war er im Stadtbild bekannt, wie er in den Parkanlagen oder vor einem der Häuser in Elster saß und malte. Der Kunstmaler hielt in seinen Bildern viele Ansichten von Bad Elster und Umgebung fest. Lieblingsmotive waren unter anderen der Gondelteich und markante Plätze in den historischen Parkanlagen mit den kunstvoll angelegten Blumenarrangements. Aber auch seine vogtländischen Landschaftsbilder waren und sind bis heute äußert beliebt, da diese heimische Fauna und Flora eindrucksvoll abbilden und künstlerisch akzentuieren.

Zu sehen bis zum 16. August / Montag bis Freitag von 9.00 bis 17.00 Uhr sowie zu den Veranstaltungen im Königlichen Kurhaus 

Der Eintritt ist frei. www.chursaechsische.de

Foto: © Robert Reissner


Weimar: Sonderausstellung Olaf Metzel - "Deutschstunde"

Bis 1. November auf Schloss Belvedere und im Liszt-Haus

Die Klassik Stiftung Weimar bereitet im Sommer 2024 der zeitgenössischen Kunst eine große Bühne: Auf Schloss Belvedere und im Liszt-Haus wird sich Olaf Metzel in seiner Ausstellung Olaf Metzel: Deutschstunde mit raumgreifenden Arbeiten den gesellschaftspolitischen Ereignissen der jüngsten deutschen Geschichte widmen.

Olaf Metzel, einer der bedeutendsten deutschen Gegenwartskünstler und langjähriger Professor an der Akademie der Bildenden Künste in München, hat sich im Laufe seines künstlerischen Schaffens intensiv mit den politisch-sozialen Brüchen und Befindlichkeiten deutscher Historie auseinandergesetzt. Über 30 seiner Werke präsentiert er nun erstmals in dieser Zusammenstellung, darunter einige eigens für Weimar entstandene Arbeiten. Ausgewählt und für Weimar aktualisiert hat der Bildhauer eine Version seines bekannten Werkes NSU (2013/24), ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Installationen und Objekten, die das Spannungsfeld zwischen Orient und Okzident thematisieren, wie das Kebap Monument (2007) und Turkish Delight (2006).

Im Themenjahr Auf/Bruch der Klassik Stiftung Weimar, das die politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen und Wendepunkte seit dem 20. Jahrhundert in den Blick nimmt, bilden Metzels Arbeiten ein Angebot, sich mit der eigenen Kultur und Gesellschaft produktiv auseinanderzusetzen. Im Obergeschoss des Schlosses Belvedere werden die vertrauten Sehgewohnheiten des Publikums erstmals durch zeitgenössische Kunstwerke aufgebrochen. Im Liszt-Haus ermöglichen Zeichnungen, Entwurfsskizzen und Modelle einen Einblick in den Werkprozess des klassisch ausgebildeten Bildhauers.


Erfurt: Leih mir deinen Klang

Werke von ANNEKATRIN LEMKE & JOHANNES GRÄBNER - Ausstellung bis 31. August in den Galerieräumen und den Salons des Kultur:Haus Dacheröden

Annekatrin Lemke und Johannes Gräbner begaben sich für den Zeitraum eines Jahres in einen künstlerischen Dialog. Sie widmeten sich der Frage, inwiefern Klänge als Impulsgeber bildnerische Prozesse anreichern können. Ob harmonisch, dissonant, rauschend oder rhythmisch – die Malereien und Grafiken postulieren durch Farbe und Form eine Sinnhaftigkeit, die nicht sprachlich gedeutet, aber ähnlich der Musik unmittelbar sinnlich erfahren werden kann.

Die beiden Erfurter Kunstschaffenden verwenden dabei diverse Techniken. So sind neben Bildern auf Leinwand und Papier beispielsweise auch farbige Holzreliefs oder Emaille-Arbeiten zu entdecken. Durch den experimentellen Umgang mit Farbpigmenten und unüblichen Materialien wie Bitumen werden die Möglichkeiten des Mediums Malerei auf ganz eigene Weise erforscht. Annekatrin Lemke ist Bildhauerin und hat an der Hochschule für Angewandte Kunst Schneeberg Holzgestaltung studiert. 2020 erhielt sie einen Preis der Stiftung Ulla und Eberhard Jung und wurde in den Bestand der Kunstsammlung der Klassik Stiftung Weimar aufgenommen. Im Jahr 2021 bekamt sie ein Sonderstipendium der Kulturstiftung Thüringen. Die Künstlerin ist seit 2011 freischaffend tätig und lebt in Erfurt. Johannes Gräbner ist Maler, Musiker und Kunstvermittler. Er hat an der Universität Erfurt Kunst und Philosophie studiert. Seit 2018 ist er Dozent an der Kunst- und Designschule IMAGO und seit 2020 unterrichtet er Malerei im Fachbereich Kunst der Uni Erfurt. 2021 erhielt er einen Preis der Stiftung Ulla und Eberhard Jung und wurde in den Bestand der Kunstsammlung der Klassik Stiftung Weimar aufgenommen. Der Künstler ist seit 2015 freischaffend und lebt in Erfurt.

Nach vorheriger Anmeldung ist die Ausstellung barrierefrei zugänglich. Galerieräume Di-Fr 12 bis 17 Uhr Sa 10 bis 17 Uhr - Eintritt frei


Altenburg: Feuer und Farbe – Gemälde und Grafiken von Walter Jacob

Bis 25. August, Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg
Walter Jacob Ausstellung

In einer großangelegten Sonderausstellung widmet sich das Lindenau-Museum Altenburg dem aus Altenburg stammenden Maler Walter Jacob (1893–1964). Rund 50 Kunstwerke aus dem Zeitraum 1913 bis 1962 ermöglichen einen einzigartigen Einblick in die stilistische Vielfalt des Künstlers.

Walter Jacobs Werk ist geprägt von der scharfen Beobachtung der Natur. Immer wieder zog es den rastlosen Künstler auf das Land, in die Berge und ans Meer, um die Schönheit und die Kraft von Pflanzen und Tieren in Zeichnungen und Gemälden festzuhalten. Während sich das Frühwerk Jacobs noch deutlich am Expressionismus orientiert, entwickelte er im Alter abstrakte Landschaften in einer modernen Formensprache.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Werke, die mit wichtigen Lebensorten und Beziehungen des Künstlers in Verbindung stehen. Ein Fokus liegt auf Jacobs leidenschaftlichem Umgang mit Farbe. Auf über 200 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden neben Gemälden und Grafiken aus der Sammlung des Lindenau-Museums, auch Leihgaben und kaum bekannte Werke aus dem Nachlass Walter Jacobs gezeigt. In einem der Ausstellungsräume lädt die Kunstvermittlung zur Beschäftigung mit Selbstporträts ein.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in der Dr. Cantz’schen Verlagsgesellschaft.

Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag und feiertags: 11 bis 17 Uhr

Abbildung: Walter Jacob, Selbstbildnis (Detail), 1926, Foto: Lindenau-Museum Altenburg © VG Bild-Kunst, Bonn 2024


Der Mann unter der 1000-jährigen Eiche

Sonderschau im Museum Burg Posterstein bis 4. August
1000jährige Eiche Nöbdenitz

Ausgehend von der einzigartigen Nöbdenitzer Eiche (Foto: Frank Leo), die Kulturdenkmal und Naturdenkmal gleichermaßen ist, stellt die Sonderausstellung beeindruckende Uralteichen aus ganz Europa vor. Die Ausstellung nimmt ihren Ausgangspunkt im nahe Posterstein gelegenen Ort Nöbdenitz, stellt dann aber mächtige und alte Eichen aus ganz Europa vor. Ganz unterschiedlich gehen Menschen mit diesen Bäumen um, aber fast überall begegnet man ihnen mit Ehrfurcht und Faszination.

Die Sonderschau „Der Mann unter der 1000-jährigen Eiche – Über den Umgang mit faszinierenden Baumdenkmalen“ ist Teil des „Thümmel-Jahres 2024“ im Altenburger, das an den Sachsen-Gotha-Altenburgischen Minister Hans Wilhelm von Thümmel (1744–1824) erinnert. Seine Grabstätte befindet sich in den Wurzeln der 1000-jährigen Eiche von Nöbdenitz.

Egal, ob sie nun 1000 Jahre alt ist oder noch nicht ganz, die Nöbdenitzer Eiche, mit dem Grab eines Ministers in den Wurzeln, ist einzigartig. - Darüber hinaus geht es um die Frage: Was braucht es, damit Bäume heute noch so alt werden können? Eine Bildergalerie erzählt die Geschichten von 39 beeindruckenden Eichen aus ganz Europa – darunter Frankreich, England, Dänemark, Schweden, Polen und Tschechien. Dafür stellten dem Museum über 40 engagierte Baum-Liebhaber Fotos und Informationen zur Verfügung, darunter Forstwissenschaftler, Künstler, Vereine, Museumskollegen, Touristiker und Fotografen.

Darüber hinaus geht es um die Eiche als Naturdenkmal und als Lebensraum. Welche Eichen im Landkreis Altenburger Land haben das Potential dazu, so alt zu werden, wenn wir ihnen den Raum dafür lassen? Manche der vorgestellten Eichen sind Kultur- und Naturdenkmal in einem. Genauso ist es bei der Nöbdenitzer Eiche, aber auch bei der zu einer Kapelle umgebauten Eiche im französischen Allouville, der Körnereiche im tschechischen Karlsbad oder der Chrobry-Eiche im polnischen Piotrowice, deren Eicheln der Papst segnete. Die Eichengeschichten sind vielfältig. Die Ausstellung ist Teil des Thümmel-Jahres im Altenburger Land, das die Person und das Wirken des bedeutenden Staatsmannes Hans Wilhelm von Thümmel ein ganzes Jahr lang mit Veranstaltungen und Ausstellungen in den Mittelpunkt stellt. Mehr Informationen zu Thümmel gibt es in der Dauerausstellung des Museums, im Blog des Museums und im Podcast „LeseZEIT auf Burg Posterstein“.

Auf Grund der Internationalität der Eichen und der Kooperationspartner ist die Ausstellung zweisprachig, auf Deutsch und Englisch. Zur Ausstellung erscheint eine aktualisierte Neuauflage der vergriffenen Thümmel-Biografie von 2016. Die Sonderschau begleitet eine digitale Ausstellung: 

Faszinierende Baumdenkmale - Museum Burg Posterstein (burg-posterstein.de)


Das Ohr von Giacometti

Im Kunsthaus Apolda: „Meret Oppenheim & Friends“ / Von Wolfgang Leißling
Kunsthaus Apolda

Als „wunderschöne Garconne mischte sie schon 19jährig die Pariser Kunstwelt auf: Meret Oppenheim (1913-1985).  Nicht weinen, arbeiten!“ – so lautet das Credo für diese ungewöhnliche Frau und Muse, die als deutsch-schweizerische Malerin, Bildhauerin, Schmuck- und Kostümgestalterin international zu beeindrucken wusste. Nun kann man ihrem Werk in Apoldas Kunsthaus zusammen mit Arbeiten von Andre Breton, Jürgen Brodwolf, Marcel Duchamp, Max Ernst, Dora Maar, Rene Magritte, Man Ray und anderen ihrer Freunde begegnen.

Nachdem die schreibende und fotografieren Oppenheim das Atelier des Bildhauers Alberto Giacometti besucht hatte, schloss sie sich den Surrealisten um André Breton an und beteiligte sich an deren Ausstellungen. Dabei entstand 1933 jene berühmte Akt-Foto-Serie von Man Ray „Erotique-voile´, an die auch in der Apoldaer Schau erinnert wird.  Dies neben der von Oppenheim geschaffenen Objekten „Urzeitvenus“, dem „Ohr von Giacometti“ oder dem „Ring mit dem Zuckerwürfel“.

In jenen Jahren verband die Künstlerin mit dem Maler, Grafiker und Bildhauer Max Ernst eine Liebesbeziehung und fand sie in der italienischen Malerin Leonor Fini eine enge Freundin. Mit ihr nahm sie an den wilden Kostümfesten der Pariser Freunde teil. Fragt man heute nach einem Werk der Oppenheim, das einem spontan in den Sinn kommen könnte, dann dürfte es ihre „Pelztasse“ (1936) sein. Jene wurde „zur Inkunabel surrealistischer Objektkunst und zugleich zum erdrückenden Ruhmesobjekt der Künstlerin“.

Gern erzählt wird nämlich, dass sie mit Pablo Picasso und dessen berühmter Geliebten Dora Maar im „Cafe´ de Flore“ in Paris saß und einen Messingarmreif mit Pelzbesatz trug. Jener ließ Picasso wohl scherzen, man könne ja alles mit Pelz beziehen, woraufhin sie erwidert haben soll: „Sogar diese Tasse und Untertasse.“ Gesagt getan, eine Ikone der Moderne war geboren und damit das erste Werk einer Künstlerin, das wiederum für 200 Franken vom New Yorker Museum of Modern Art erworben wurde. Jene Tasse samt Untertasse ist zwar nicht Apolda vertreten, dafür aber die legendären „Traumzeichnungen“ dieser bekennenden Feministin.  Im Übrigen lässt sich die Oppenheim stilistisch nicht eindeutig einordnen. Was auch immer ihr Atelier verließ, erregte Aufmerksamkeit, war sie doch eine attraktive Exzentrikerin, die – wenn man so will - sogar den aktuellen Unisex-Look in ihrer Zeit vorwegnahm.

Zum Kreis der Pariser Surrealisten gehörte Dora Maar. Von ihr stammen Aufnahmen von Meret für Modemagazine. So zeigt die Ausstellung eine entspannt verführerisch im Bett posierende Oppenheim (1936). Anderweitig ins Auge fallend sind in den Etagen des Kunsthauses u.a.  Max Ernsts „Photogramm“ in Durchreibetechnik (1921) oder Marcel Duchamps Multiple-Buch zum Surrealismus (1947).

Die Apoldaer Schau erinnert zudem an die Zusammenarbeit der documenta 7-Teilnehmerin mit dem schweizer Regisseur, Bildhauer und Erfinder der Eat-Art Daniel Spoerri. So wirkte sie 1956 an dessen Inszenierung von Picassos absurdem Theaterstück „Wie man die Wünsche beim Schwanz packt“ mit, in dem sie Texte übersetzte, Kostüme entwarf und als Schauspielerin agierte.

Von Meret Oppenheim, die sich leidenschaftlich für Künstlerinnenrechte einsetzte, sind markante Zitate überliefert. So betonte sie 1975 zur Übergabe des Kunstpreises der Stadt Basel: „Die Freiheit wird einem nicht gegeben, man muss sie nehmen.“  Sie bezog sich dabei nicht zuletzt auf von Äußerlichkeiten befreite Frauen und plädierte für eine die geltenden Tabus brechende Lebensweise. Ihre letzte Ruhestätte fand sie übrigens im Tessiner Künstlerdorf Carona.

Ausstellung bis 18. August, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr


Greiz: Werke von Uwe Klos im Unteren Schloss

HIMMELS GEGENDEN - zu sehen bis 11. August
Uwe Klos Ausstellung Greiz

Vom Staunen in der Kunst

Waren die letzten Universalgelehrten Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt? Ist der sogenannte Jenaer Kreis des ausgehenden 18. Jahrhunderts, deren Vertreter Poesie, Philosophie und Naturwissenschaften genial miteinander verbanden, vergessen? In diesen Jahren war Jena das geistige Zentrum Deutschlands – gemeinsam entdeckten Goethe, Schiller, Fichte, die Brüder Schlegel und Humboldt die Welt, interpretierten sie neu und prägten uns somit bis heute. Obwohl diese Lehren und Erkenntnisse vielen Menschen nicht im Einzelnen abrufbar sind, bilden sie oftmals einen wichtigen, aber unbewussten Bestandteil, unseres kollektiven, kulturellen Gedächtnisses.

Die Welt entdecken – das ICH entdecken

Die neue Sonderausstellung des Künstlers Uwe Klos in den Räumlichkeiten des Museums im Unteren Schloss, lädt zu Entdeckungen ein, die eine empfindsame Inspiration durch das Sehen in uns auslösen kann. Die gewaltige Kraft und sanfte Sensibilität seiner Kunstwerke ist durch die virtuose Nutzung verschiedener Techniken sowie künstlerischer Ausdrucksformen zu erklären. Dadurch wird eine dramaturgische Bandbreite vermittelt, der sich kein Betrachter entziehen kann.

Malerei – Grafik – Fotogramme

Die Ausstellung ist gleichsam eines Spazierganges durch das Werk verschiedener Schaffensperioden des Künstlers angelegt. Den Auftakt bilden Werke hoch aktueller Ölmalerei, die durch eine großflächig angelegte Farbigkeit bestechen und eine provokative Konfrontation mit dem ICH regelrecht provoziert. Versteckte Symbole könnten die Gemälde entschlüsseln, aber die Bildgewaltigkeit von Farbe und Form lässt den Betrachter in einen Kosmos eintauchen und bestenfalls eine Resonanz zum ICH erleben.

Das grafische Werk umfasst Monotypien, Fotochemische Malereien, Radierungen sowie die wunderbaren Künstlerbücher. Die Künstlerbücher begeistern durch die komplementären Verbindungen von Typografie der thematischen Texte und den angewandten künstlerischen Techniken des Schaffensprozesses. Im 18. Jahrhundert wurde eine visuelle Ästhetik zur Bildgeschichte der Botanik entwickelt, die sich ausschließlich grafischer Vervielfältigungsverfahren bedienen konnte. Erst die Erfindung des fotografischen Abbildungsverfahrens befreite pragmatische Abbildungsverfahren von der Kunst und eröffnete völlig neue künstlerische Möglichkeiten – gestalten mit Licht. Fotogramme ermöglichen eine Abstraktion, weil sie eigentlich Schattenbilder sind und im Spiel von Aufnahmematerial und Licht entstehen. Die Fotogramme bilden einen großen Bestandteil im Oevre des Künstlers Uwe Klos. Sie sind eine künstlerische Neuentdeckung der Natur mit historischen Bildverfahren, die zur höchsten Blüte gebracht wurden. Der Betrachter erlebt das Sehen der täglichen Umgebung völlig neu, weil der schöpferische Akt einer Bildkomposition naturgegebene Details in den Mittelpunkt des Bildes stellt. Die historische und fast vergessene Technik der Fotogramme erscheint so unfassbar passend, weil sie durch ein unbewusstes kulturgeschichtliches Erleben die Anfänge der Fotografie vermitteln, das große künstlerische Potential der historischen Fotografie nutzt und dadurch völlig neue Perspektiven eröffnet. Das besondere Erlebnis dieser Ausstellung ist die Verbindung von Poesie und Bildender Kunst, ganz im Sinne der Universalgelehrten – viel Freude bei der Entdeckung der Welt in den Himmelsgegenden des Museums im Unteren Schloss.

Geöffnet dienstags – sonntags 10 bis 16 Uhr

Abbildung: Uwe Klos, Himmelsgegenden


„Dalí: Cybernetics”: Immersives Kunsterlebnis in bislang nie gesehener Form

Ab 8. August im Kunstkraftwerk Leipzig
Leipzig Kunstkraftwerk Dali

Verneigung vor dem Großmeister des Surrealen: Ab dem 8. August macht das Kunstkraftwerk Leipzig das Leben und die Meisterwerke von Salvador Dalí zu einem Kunsterlebnis, das in dieser revolutionären Form in Deutschland so noch nie zu sehen war. In rund 90 Minuten treten die Besucher einen Parforceritt durch immersive 360-Grad-Multimedia-Räume, interaktive Installationen, Virtual-Reality-Erfahrungen, Infotainment-Angeboten und der Einladung an, selbst zum Künstler zu werden – „Dalí: Cybernetics”.

Wohl kaum ein Künstler hat es auf eine so populäre Stufe gebracht wie der 1904 geborene spanische Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner Salvador Dalí. Wer an Surrealismus denkt, denkt an ihn. Dalí wurde zur Ikone dieser Stilrichtung, schuf fantasievolle und bizarre Werke wie die schmelzenden Uhren in seinem Bild „Die Beständigkeit der Erinnerung“, brennende Giraffen oder Elefanten, die wie auf Stelzen zu gehen scheinen. Wahrnehmung sprengt bei Dalí Konventionen, Symbolik wird auf die Spitze getrieben und in fotorealistische neue Welten gegossen. Dabei geht sein Lebenswerk weit über die Malerei hinaus, betrifft Film und Mode und hinterlässt bis heute tiefgreifende Einflüsse bis hinein in die Popkultur.

Dalí war außerdem der erste digitale Künstler in der Geschichte, ein Pionier in der Verwendung digitaler Werkzeuge zur Schaffung seiner Werke. Seine Besessenheit von der Technologie führte ihn dazu, mit den ersten Computern und Denkmaschinen zu arbeiten, um die Grenzen der uns umgebenden Realität zu überschreiten. Die Exzentrik, Tiefe und das Visionäre des spanischen Jahrhundertkünstlers sind dabei höchst unterhaltsam, wie das Kunstkraftwerk in seinem atemberaubenden Parcours nicht nur zeigt, sondern erfahrbar macht.

In der Ausstellung wird die Realität zum Spiel, erweitert um digitale Erlebnisse und interaktive Haptik. Mithilfe modernster Technologie kombiniert sie Virtual Reality und immersive Installationen, die eine ganz neue Perspektive auf Dalís Meisterwerke ermöglichen.

Der Parcours beginnt im Kino-Bereich mit Filmen, die Salvador Dalís Leben und Kunst beleuchten. In der Dokumentation „Dalí in New York“ interagiert der katalanische Künstler mit der Stadt und ihren Bewohnern so, wie es in der Folge die Besucher des Kunstkraftwerks mit Dalís Werken tun. In der großen Maschinehalle folgt danach ein Mix aus modernsten 360-Grad-Projektionen, interaktiven Installationen, Hologrammen und der Licht- und Tonshow. In dem spektakulären Fabrik-Ambiente verschmelzen Kunst und Technologie zu einem innovativen Spektakel. Die immersive Multimediaschau erweckt Dalís ikonische Werke zum Leben und öffnet den Kopf für surreale Erlebnisse, die anschließend in der Kesselhalle noch intensiver werden.

Foto: Dalí Cybernetics ©Layers of Reality 


Sonderausstellungen auf Burg Schönfels

Traktor, Hüpffrosch, Teddybär - Kinderspielzeug in der DDR / wOOLaRT - Bilder von Barbara Haubold

Bis 18. August ist die Ausstellung „Traktor, Hüpffrosch, Teddybär - Kinderspielzeug in der DDR“ in der Unterburg des Museums zu sehen. Die Ausstellung will nicht nur nostalgische Erinnerungen wecken. Die bunte Spielwarenwelt der DDR gibt Einblick in das Selbstverständnis einer vergangenen, aber noch nicht allzu fernen Gesellschaftsordnung. Eine Gesellschaft, in der Spielzeug immer auch Spiegelbild sozialistischer Ideale, einer bipolaren Welt und der Lebenswirklichkeit in einem geteilten Land war. Mit Spielzeug aus der Sammlung Andreas Reißmann will die Ausstellung ein tieferes Verständnis für die gesellschaftlichen und politischen Dynamiken in der DDR ermöglichen. Anhand von sieben Themenkomplexen werden historische Traditionslinien nachgezeichnet, die Beziehungen zu den sozialistischen Nachbarländern diskutiert und die Ideologisierung des Spielzeugs durch Berufs- und Geschlechterrollen aufgezeigt. Seien Sie eingeladen, in Kindheitserinnerungen zu schwelgen und gleichzeitig kritisch über die gesellschaftliche Bedeutung von Spiel und Spielzeug in der nahen Vergangenheit und im Hier und Jetzt nachzudenken.

Bis zum 15. September findet im Rittersaal der Burg Schönfels die Kunstausstellung „wOOLaRT - Bilder von Barbara Haubold“ statt. Tauchen Sie ein in eine Welt der Farben, Texturen und handwerklichen Meisterwerke, die alle aus dem einzigartigen Material Wolle entstanden sind. Wolle hat eine lange Geschichte in der Welt. Seit Jahrhunderten wird sie von Künstler*innen auf der ganzen Welt als Medium für ihre kreativen Ausdrucksformen genutzt. Ihre weiche Textur, ihre lebendigen Farben und ihre Fähigkeit, Licht auf spektakuläre Weise zu reflektieren, machen sie zu einem einzigartigen Werkstoff für die Schaffung innovativer Kunstwerke. Die Ausstellung präsentiert eine facettenreiche und faszinierende Auswahl aus dem Wollbilderzyklus von Barbara Haubold. Die außergewöhnliche Künstlerin zeigt in ihren Werken sowohl zarte Landschaften als auch abstrakte Kompositionen und präsentiert somit das beeindruckende Spektrum dieses Materials. Lassen Sie sich von Barbara Haubolds Leidenschaft inspirieren und entdecken Sie Wolle neu!


WIN/WIN - Die Kunstankäufe der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Zu sehen bis 4. August, Museum Gunzenhauser

Jedes Jahr erwirbt die Kulturstiftung zahlreiche Werke zeitgenössischer Bildender Kunst. Auch in diesem Jahr stehen dafür rund 160.000 Euro zur Verfügung. Ende Mai beschließt der Vorstand der Kulturstiftung auf Grundlage der Empfehlungen des Fachbeirates Bildende Kunst, welche Kunstwerke in diesem Jahr angekauft werden. Nur zwei Wochen darauf werden die Arbeiten der Öffentlichkeit in einer Ausstellung präsentiert. Erstmals wird die Werkschau mit dem Titel WIN/WIN – Die Kunstankäufe der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen 2024 nun in Chemnitz gezeigt.

Ziel der Kunstankäufe der Kulturstiftung ist es, Künstlerinnen und Künstler an wichtigen Punkten ihrer Karriere finanziell zu unterstützen und ihre Arbeiten öffentlich zugänglich zu machen. Voraussetzung ist, dass diese ihren Schaffensmittelpunkt oder Wohnsitz in Sachsen haben. Nach der öffentlichen Präsentation gehen die mit Mitteln des Sächsischen Landtags angekauften Werke in den Kunstfonds der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden über. 

Öffnungszeiten Di, Do–So, Feiertag 11–18 Uhr, Mi 14–21 Uhr

Führungen: info.kunstsammlungen@stadt-chemnitz.de


Jost Heyder: Seele und Imagination – Eine Spurensuche

Werkretrospektive im Marstall in Eisenach bis 30. August
Jost Heyder Ausstellung Eisenach

Der Thüringer Künstler Jost Heyder, einer der bedeutendsten Porträtisten in Deutschland, wird siebzig. Das ist Anlass für einen Schaffensrückblick. Der Künstler lebte 16 Jahre in Eisenach. In Würdigung seines bisherigen Lebenswerkes zeigt das Thüringer Museum Eisenach die Werkretrospektive „Jost Heyder / Seele und Imagination – Eine Spurensuche / Malerei und Grafik 1980 – 2024“. Damit wird zugleich der sanierte Marstall als Ort für wechselnde Ausstellungen wieder eröffnet. Eine eindrucksvolle Auswahl von Bildnissen, Akten, figurativen Szenerien und Landschaften leitet das Jubiläumsjahr „125 Jahre Thüringer Museum Eisenach“ ein.

„Spannend für mich wird es, wenn sich aus einer Farbfläche allmählich ein Schulteransatz, eine Kerze oder ein Bühnenboden herausbilden.“ So beschreibt er den grundlegenden Schöpfungsprozess seiner Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken. Narrenfiguren in widersprüchlichen Rollen, schonungslose Selbstbildnisse, lustvoll vibrierende Akte, atmosphärische Landschaften und Stadtansichten, Augen als tiefe Tore zur Seele der Porträtierten, wildes Treiben auf farb- und formenreichen Bildbühnen strömt kraftvoll auf die Lebensbühne des Betrachters … Der Weg durch die vielgestaltige Bildwelt verführt zu einer Spurensuche nach der Handschrift des Künstlers.

Wer bin ich – Porträt-Kunst als Weg, sich selbst zu entdecken? Jost Heyder porträtierte kulturprägende Persönlichkeiten wie Hermann Hesse, Günter Grass und Bernhard Vogel ebenso wie viele Menschen in privatem Auftrag. Eine eindrucksvolle Bildnis-Auswahl des Malers macht Lust darauf, sich selbst vom Meister porträtieren zu lassen. Ein Workshop zum Porträtieren eines Modells lädt zusätzlich zum Eigenexperiment ein.

Wie lässt sich ein tragfähiges Menschen-Bild modellieren? Die vielfältigen Werkgruppen liefern sinnliche und bewegende Sinn-Bilder für ein Menschen-Modell aus Geist, Seele, Verstand, Körper und Mitwelt. Ein Ausstellungsbesuch verführt zu einer umfassenden Wesens-Schau und zu Fragen nach den ewigen Grund-Werten menschlichen Da-Seins.

Abbildung: Jost Heyder, Liegende auf rot, 2017 © Repro: Falko Behr


Apolda: Der rote Schirm der Liebe

Das Kunsthaus Apolda präsentiert ab 1. September Malerei und Grafik von Carl Spitzweg
Carl Spitzweg Ausstellung Apolda

Von Wolfgang Leißling

Man kennt Carl Spitzweg (1808-1885) als Schöpfer des armen Poeten oder des verliebten Sonntagsjägers usw. Ab 1. September sind rund 100 Werke des Malers, Zeichners, Regisseurs, Botanikers und Apothekers im Kunsthaus Apolda zu sehen. Dazu gewann das Landratsamt Weimarer Land als Partner das Museum Georg Schäfer aus Schweinfurt, das über eine umfangreiche Sammlung zu Spitzweg verfügt.

Die ersten Zeichnungen dieses Künstlers des Biedermeiers entstanden schon um 1823. Die Kuratorin Andrea Fromm urteilt: „Spitzweg zeigt sich als brillanter und bissiger Interpret seiner Zeit, dessen Aktualität bis heute ungebrochen ist.“

Die vielversprechende Ausstellung trägt einen verlockenden Titel: „Der rote Schirm. Liebe und Heirat bei Carl Spitzweg“. Und so wird man nahe vieler Figuren des fabulierenden Malers einen roten Schirm entdecken: bei Mönchen, Einsiedlern, Käfersammlern, Sennerinnen… Was hat es damit auf sich – einem roten Schirm? Nun, er gehörte immerhin signalhaft in einigen deutschen Regionen zu den bäuerlichen Hochzeiten. Mit seiner Schirm-Metaphorik hält Spitzweg höchst amüsant dem Betrachter in seiner Zeit einen Spiegel vor. Besonders wichtig war dem Künstler jene schmachtende Liebe, die ihm selbst mit seiner früh verstorbenen Clara nur wenig Erfüllung bot.  Außerdem waren es bewegte vorrevolutionäre Jahrzehnte, in denen noch puritanische Werte galten.

Andrea Fromm: „Wie viele Intellektuelle kritisiert er die heuchlerische Doppelmoral und die politischen Entwicklungen seiner Zeit, in der die restaurativen Kräfte des Biedermeier und die reformerischen Ansätze des Vormärz zusammenprallen.“

Die Ausstellung zeigt gekonnt gemalte kleinformatige Idyllen und Bleistiftzeichnungen des hochbegabten satirischen Chronisten. Seine Tableaus faszinieren außerdem über deren künstlerisch-technisches Vermögen, zu dem jenes einmalige helle Blau und sein Paprikarot der ach so geliebten Rosen gehören.

Wie im attraktiven Katalog der Ausstellung (Hirmer Verlag) nachzulesen ist, gab es Zeiten, da durfte der rote Schirm in keiner Amts- und Schreibstube und bei kaum einer Wanderung fehlen. Auch heutzutage mangelt es nicht an gelungenen Reproduktionen mit all dem schrulligen und gutherzigen Personal des Carl Spitzweg, zu dem stets Zigarre und Schläfenbrille gehörten.

Bis zum 15. Dezember gibt sich Carl Spitzweg mit seinen Werken in der Bahnhofstraße 42 die Ehre. 

Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr.

www.kunsthausapolda.de

Abbildung: Carl Spitzweg, Der arme Poet, Entwurf, etwa 1837, Öl auf Papier, montiert auf Karton, 32,1 x 42,6 cm, Grohmann Museum, Milwaukee, USA


Gera: Glas-Kunst und Blumenbilder im Haus Schulenburg

Sonderausstellung im Henry van de Velde Museum bis 30. September
Ausstellung Haus Schulenburg Gera

Das Henry van de Velde Museum Haus Schulenburg in Gera würdigt die Aufnahme der manuellen Glasfertigung in das Kulturerbe der Menschheit durch die UNESCO mit der Ausstellung Glas-Kunst und Blumenbilder. 

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen wertvolle Gläser des Historismus, des Jugendstils und des Art Deco, die den Besucher auf eine farbenfrohe Reise von 1850 bis 1940 entführen. Die gläsernen Kunstwerke stammen aus großen privaten Sammlungen – großer Dank an die Leihgeber. Sie sind sonst im Grassi-Museum Leipzig, im Bröhan-Museum Berlin oder im Driehaus-Museum Chicago zu sehen. Einen schönen Kontrast zu den leuchtenden Gläsern bilden Blumenbilder des englischen Arts and Crafts Künstlers Walter Crane und ausgewählter Künstler des 20. Jahrhunderts: Curt Hermann, deutscher Neoimpressionist, Georg Muche, seinerzeit jüngster Bauhausmeister, Otto Herbig aus dem Umfeld der Brückemaler, Hilde Linzen-Gebhardt und Frida von Düring (Weimar), Albinmüller (Künstlerkolonie Darmstadt), Dora Koch-Stetter (Ahrenshoop), Hans Rudolph (Gera).

Die traditionelle Glasfertigung gehört zum Kulturerbe der Menschheit

Anlass für die bemerkenswerte Ausstellung ist die Aufnahme der traditionellen manuellen Glasfertigung in Finnland, Frankreich, Spanien, Tschechien, Ungarn und Deutschland in die UNESCO-Welterbeliste am 6. Dezember 2023. Die Glashütte Lamberts in Waldsassen gehört zu den Initiatoren dieser Anerkennung, Lamberts ist eine von zwei Firmen weltweit, die noch mundgeblasenes Flachglas herstellen. Dieses Glas ziert die beleuchteten Zifferblätter des Big Ben in London, die Glaskunst des Rockefeller-Centers in New York, die Fenster der Dresdner Frauenkirche und das opaleszierende Oberlicht des Hauses Schulenburg.

Protagonisten der Glasgestaltung

Die Glaskunst nach 1900 erhielt enorme Impulse durch technische Innovationen bei der Glasherstellung.
Der Pariser Händler japanischer Kunst und Gründer von „Maison d'Art nouveau“ Siegfried Bing brachte Gläser von Louis Comfort Tiffany aus New York mit und hatte das Tiffany-Alleinvertriebsrecht für Europa. In Nancy stellte Emile Galle, der u. a. Zoologie und Botanik studiert hatte, seine prächtigen verschiedenfarbig überfangen, geätzten und geschliffenen Gläser, häufig mit botanisch genauen Pflanzendecoren her. 1901 gründete er mit den Glasherstellern Auguste und Antonin Daum, sowie René Lalique und Gabriel Argy Rousseau die berühmte Ecole de Nancy.
Weitere berühmte Firmen des Glashandwerks waren u. a.: Delatte – Nancy (Frankreich), die Poschingers (Bayern), die Lausitzer Glaswerke – Weißwasser (Sachsen), Loetz Witwe – Klostermühle (Böhmen), die Glasfabrik Fritz Heckert – Petersdorf (Schlesien), WMF – Geislingen (Württemberg).

Neue Prinzipien der künstlerischen Gestaltung um 1900

Unter dem Einfluss der englischen Arts and Crafts-Bewegung, der Avantgarde in Belgien und Frankreich und der wieder entdeckten japanischen Kunst befreite sich die künstlerische Gestaltung von der historisierend-naturalistischen Einengung des 19. Jahrhunderts. Der Gegensatz zwischen „Bildender Kunst“ und „Angewandter Kunst“ löste sich auf. Die freie dekorative Linie, kontrastierende Farben, Materialien und die Orientierung an den Bedürfnissen des modernen Menschen belebten Gebäude, Innenräume und Gegenstände. Die Kunst wurde „von hohem Sockel“ in das alltägliche Leben geholt. Art nouveau (Frankreich) und Jugendstil (Deutschland, Österreich) bereiteten sich innerhalb von 25 Jahren über ganz Europa aus. 1925 zelebrierte Paris die internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe – Namensgeberin von Art Deco.
Henry van de Velde formulierte in dieser Zeit die Prinzipien der „vernunftgemäßen Gestaltung“, eine Theorie des Designs, welche bis in die „Bauhausära“ und die heutige Moderne Gültigkeit hat.

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10:00-17:00 Uhr, Sa/So und feiertags 14:00-17:00 Uhr

Abbildung: Jugendstilgläser Gallé, Daum u. a.

Gera: 40 Jahre Museum für Angewandte Kunst

Sonderausstellung "Von Art Déco bis DDR Design" bis 8. Oktober zu sehen
Gera Museum für Angewandte Kunst

Am 6. Oktober 1984 wurde in der Greizer Straße 37-39 das Museum für Kunsthandwerk, heute Museum für Angewandte Kunst eröffnet. Das 40-jährige Jubiläum ist Anlass für eine große Sonderausstellung, in der Mode, Möbel, Alltagsgegenstände und Fotografien bis hin zu Gebrauchsgrafik und Keramik aus dem eigenen Bestand die Strömungen des Zeitgeistes im 20. Jahrhunderts aufleben lassen.

Die Spanne reicht vom dekorativen, glamourösen Stil des Art déco bis zum modernen Design des Bauhauses und der funktionalen Formgestaltung von DDR-Produkten. Mit der Museumsneugründung sollte 1984 das neu errichtete Wohnquartier in der Geraer Innenstadt kulturell aufgewertet werden. Zudem wollte man das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, benannt nach einem seiner Vorbesitzer, dem Mäzen Dr. Moritz Rudolph Ferber öffentlich zugänglich machen. Mit der zweiten Sonderausstellung Kunst um 1900 wurden rückblickend die Weichen für die Entwicklung eines richtungsweisenden Sammlungsprofils gestellt. Das 20. Jahrhundert rückte in den Fokus. Schon in den 1980er-Jahren zählte zudem die DDR-Gebrauchsgrafik zu einem Schwerpunkt.

Im 20. Jahrhundert wird mit der massenhaften Verbreitung von Maschinenprodukten im Zuge der industriellen Revolution die Frage nach einer zeitgemäßen Formensprache diskutiert. Einerseits wurden standardisierte schlichte Formen als Vorlagen für die serielle Industrieproduktion gefordert. Andererseits gab es Stimmen, die sich weiterhin für die Position eines individuellen künstlerischen Stils einsetzten. Handwerker selbst sahen sich verstärkt in Richtung der Produktion repräsentativer Luxusgüter gedrängt.

Die Grenze zwischen Kunst und Design ist oft fließend, industriell hergestellte Serienprodukte und handwerkliche Unikate stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Sie alle erzählen Geschichten – von repräsentativer Tischkultur, künstlerischen und technischen Formen, dem Beginn des Corporate und Kommunikations-Designs sowie der Massenproduktion, die gestützt wurde durch die Erfindung neuer Werkstoffe wie Bakelit oder Polystyrol. Über allem stehen in der Ausstellung dabei die Fragen: Was wollen wir kollektiv erinnern? Was sammeln und bewahren? Welche Bedeutung haben die Objekte für den Einzelnen und für die Gemeinschaft?

Katalog zur Ausstellung im Hirmer Verlag, München. Autorinnen und Autoren: Christina Bitzke, Felix Eckerle, Dirk Hoffmann, Konrad Kessler, Astrid Lindinger, Julia Ortmeyer, Miriam Poitz, Frank Rüdiger, Claudia Schönjahn, Anne-Kathrin Segler // ISBN: 978-3-7774-4334-8 Museumspreis: 24,90 € / Buchhandelspreis: 34,90 €

Mittags im Museum – Kurzführung durch die Ausstellung jeden Mittwoch, 12:30 Uhr

Öffentliche Führungen Sa 20. Juli, 14:00 Uhr / Sa 31. August, 14:00 Uhr / Sa 14. & 28. September, 14:00 Uhr

25. Museumsnacht Samstag, 10. August, ab 15:00 Uhr mit Programm für Kinder und Erwachsene

Finissage und Feier zum 40. Jahrestag der Eröffnung Sonntag, 6. Oktober

Foto: Kuratorin Anne-Kathrin Segler in der Sonderschau (Foto: Dagmar Paczulla)


Chemnitz: Hanna Bekker vom Rath - Eine Aufständische für die Moderne

Bis 20. Oktober, Kunstsammlungen am Theaterplatz
Hanna Bekker vom Rath

Das Ausstellungsprojekt widmet sich einer der engagiertesten Sammler:innen und Kunsthändler:innen des 20. Jahrhunderts. Sie zeigt ein Geflecht von Künstlerfreundschaften und künstlerischen Beziehungen der Klassischen Moderne und der Nachkriegszeit aus der Perspektive einer außergewöhnlichen Persönlichkeit.

Hanna Bekker vom Rath (1893 – 1983) begann als Malerin, Sammlerin, Kunsthändlerin und engagierte Botschafterin für die moderne Kunst. Aus gutem Hause stammend erwarb sie in den 1920er Jahren ein Haus in Hofheim, das sogenannte »Blaue Haus«, das zeit ihres Lebens ein Zentrum eines selbstbestimmten und emanzipierten Lebens sein sollte. Das Blaue Haus war ein offenes und gastfreundliches Refugium für die Bildenden Künste und die Künstler:innen, aber auch Musik und Literatur fanden dort Förderung und Debatten. Mit verschiedenen Künstler- und Themenräumen zeichnet die Ausstellung in den historischen Räumlichkeiten der Kunstsammlungen die engen Beziehungen Hanna Bekker vom Raths zu berühmten Künstlerpersönlichkeiten auf. Dazu gehörten ihre Malerei-Lehrerinnen Ottilie W. Roederstein und Ida Kerkovius, Bildhauerinnen und Powerfrauen wie Emy Roeder oder Louise Stomps, Künstlerfreunde wie Adolf Hölzl, Alexej Jawlensky, Willi Baumeister und Karl Schmidt-Rottluff. Hanna Bekker vom Rath unterstützte »ihre« Künstler:innen, die von Arbeitsverboten eingeschränkt waren, auch in den schweren Zeiten des Nationalsozialismus. So veranstaltete sie 1940 bis 1943 »heimliche« Ausstellungen in ihrer Berliner Wohnung.

Zahlreiche Meisterwerke konnten für die Ausstellung gewonnen werden, die einst von Hanna Bekker vom Rath erworben wurden, darunter Max Beckmanns Ochsenstall und Karl Schmidt-Rottluffs Gemälde Mittelmeerhafen (1930), ebenso wie verschiedene farbenprächtige Gemälde des Künstlers, die während seiner Aufenthalte in Hofheim entstanden sind. Unter den Skulpturen finden sich besondere Stücke von Henri Laurens, Alexander Archipenko, eine Wuzhiqi-Figur und Schmidt-Rottluffs Holzskulptur Arbeiter mit Ballonmütze (1922). Von Paul Klee ist das Aquarell Läufer, Haker, Boxer zu sehen.

Immer wieder portraitierten die Freunde sich gegenseitig. Ein Raum widmet sich den handgearbeiteten Teppichen von Ida Kerkovius. Erstmals nach über 87 Jahren ist auch das Gemälde Männer bei Kerze (1920) wieder in den Kunstsammlungen Chemnitz zu sehen. Es wurde im Januar 1922 von Schreiber-Weigand erworben und 1937 durch die Enteignungsaktionen der Nationalsozialisten beschlagnahmt. Es galt einige Jahre als verschollen, befindet sich heute in Privatbesitz und als Dauerleihgabe im Museum Wiesbaden. »Alle Freiheit« war ein geflügeltes Wort von Hanna Bekker vom Rath. Nach dem Krieg gründete sie ihre Galerie, das Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, die sie bis in die 1980er Jahre betrieb. Ihre Leidenschaft fürs Reisen verband sie mit selbst initiierten internationalen Wanderausstellungen »aus dem Koffer«, die die Kunstwerke zu Diplomaten des Nachkriegsdeutschlands machten.

Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit dem Brücke-Museum Berlin und der Ko-Kuratorin Marian Stein-Steinfeld, der Enkelin von Hanna Bekker vom Rath. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog mit zahlreichen Textbeitragen und Abbildungen im Hirmer Verlag erschienen.

Foto: Hanna Bekker vom Rath im Roten Zimmer des Blauen Hauses mit Kunstwerken von Alexej von Jawlensky, Ida Kerkovius, Alexander Archipenko, Wilhelm Lehmbruck sowie dem Wuzhiqi, 1946 Foto: Marta Hoepffner © Estate Marta Hoepffner


Weimar: Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten

Handschriftliche Widmungen als Spuren der Geschichte
Weimar Studienzentrum

Was erzählen Widmungen in Büchern über die Menschen, die sie hineingeschrieben haben? Was erfahren wir über diejenigen, für die sie gedacht waren?

Die Sonderausstellung „Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten. Handschriftliche Widmungen als Spuren der Geschichte“ im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek begibt sich auf eine Spurensuche. Im Fokus stehen handschriftliche Widmungen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Widmungsgeber und die Widmungsempfänger gehörten den unterschiedlichsten politischen Lagern an – sie waren Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten. Die Ausstellung fragt nach den personellen und historischen Kontexten der zunächst oft unspektakulär wirkenden Eintragungen. Und sie folgt den Wegen, auf denen die Bücher in jener an Auf-, Um- und Abbrüchen dramatisch reichen Zeit in die Bibliothek gelangten.

Bis 30. November, Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek (Platz der Demokratie 4) Mo–Fr | 9–20 Uhr, Sa | 9-17 Uhr - Eintritt frei

Foto: Studienzentrum Herzogin Anna Amalia Bibliothek (Foto: Thomas Müller © Klassik Stiftung Weimar)


Chemnitz: Sieh Dir die Menschen an!

Das neusachliche Typenportrait in der Weimarer Zeit / bis 1. September, Museum Gunzenhauser

Die Ausstellung Sieh dir die Menschen an! im Museum Gunzenhauser betrachtet das neusachliche Typenporträt erstmals eingehend im historischen Kontext. Gezeigt werden zahlreiche Werke, in denen Künstler:innen wie Otto Dix, George Grosz, Jeanne Mammen und Hanna Nagel das »Typische« der porträtierten Personen in den Vordergrund stellten. Zentral bei diesem Ansatz ist die Frage: Was verrät unser Gesicht über unseren Charakter, über unser Leben und über unsere politische Gesinnung?

In der Weimarer Zeit war das Denken in Typen weitverbreitet. Überlegungen zu Physiognomie, Typenlehre und Charakterologie waren sowohl in wissenschaftlichen Veröffentlichungen, als auch in den prosperierenden Zeitungen, Filmen und in der Literatur allgegenwärtig. So auch im erstmals 1930 erschienenen Ratgeber von Gerhard Venzmer »Sieh dir die Menschen an!« – der der Ausstellung fast schon mahnend den Titel gibt. Das in Stuttgart erschienene Buch sollte laut Verlag »anschaulich die inneren Beziehungen zwischen Körperform und Wesensart des Menschen« erklären. Aus heutiger Sicht muss jedoch betont werden, dass trotz der enormen Reichweite der Publikation, die hier formulierten Thesen nicht über pseudowissenschaftliches Fabulieren hinauskamen – aber schwerwiegende Folgen hatten. Schließlich diente den Nationalsozialisten der Denkansatz als Vorlage für ihre Rassenideologie und lieferte damit ein zentrales Argument ihrer Vernichtungsmaschinerie.

Die Ausstellung nimmt den Kerngedanken des beschriebenen gesamtgesellschaftlichen Diskurses zur Zeit der Weimarer Republik in den Fokus und betrachtet ihn kritisch. Heute wird dieses Denken häufig als Kategorisierungs- und Typisierungswahn einer orientierungssuchenden Epoche bewertet. Jedoch kann schnell festgestellt werden, dass viele Stereotype und Klischees von damals bis in die Gegenwart nachwirken und weiterhin den Blick auf unser Gegenüberbeeinflussen. So schlägt die Ausstellung einen direkten Bogen in die Gegenwart mit einer eigens für die Ausstellung konzipierten Installation Alpha Dog von Cemile Sahin. Darin untersucht die Künstlerin, wie historische Methoden der Typisierung durch moderne Technologien für militärische Zwecke und zur Überwachung weiterentwickelt wurden. Dazu setzt sie sogenannte Roboterhunde ein: vierbeinige Laufroboter, die Hunden ähneln und in ihrer hochpreisigen Version mit einer KI-basierten Gesichtserkennung ausgestattet sind.

Eine Ausstellung des Kunstmuseums Stuttgart in Kooperation mit den Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser

Mehr Informationen / Begleitprogramm: www.kunstsammlungen-chemnitz.de


Gera: Früher Sammler, heute Nerd

Naturkundemuseum zeigt Sonderschau zum naturkundlichen Sammeln im Wandel der Zeit / Zu sehen bis 11. August
Gera Museum für Naturkunde Ausstellung

Das Museum für Naturkunde in Gera präsentiert mit „Früher Sammler, heute Nerd“ eine neue Sonderausstellung. Dabei geht es um das Sammeln an sich, denn die Menschen begannen ihre historische Existenz als Jäger und Sammler. Das Auflesen von Nahrung oder Materialien für die Werkzeugherstellung war überlebenswichtig. Doch schon in der Steinzeit ging das Sammeln von Rohstoffen und Ideen über die primäre Versorgung hinaus, wie man anhand früher Schatzkammern, gefüllt mit steinernen Venus-Figurinen, erkennen kann. Psychologen sprechen von einem der Individualentwicklung aller Menschen eigenen Bedürfnis. Sammeln bedeutet Abstrahieren, Ordnen, Begreifen. Das Systematisieren vorgefundener Objekte schafft Übersicht in der Vielfalt und trägt zum Verständnis der uns umgebenden Lebenswelt bei.

Die Ausstellung widmet sich dem Sammeln und Bewahren naturwissenschaftlicher Objekte früher und heute. Welche Motivation stand hinter den Sammlern, in welcher Art und Weise entstanden ihre Kollektionen? Anhand von Sammlungen des Hauses wird deutlich, dass sie die Grundlage für Erkenntnisse der natur- und erdgeschichtlichen Vielfalt der Region und darüber hinaus lieferten. Ihre Pflege, Erweiterung und forschende Nutzung ist im Angesicht des weltweiten Artensterbens wichtiger denn je. Die Sammler von gestern finden ihre Nachfolger in den Nerds von morgen.

Neugierige erwartet im historischen Barockzimmer eine breite Palette von Mineralen, Gesteinen und Fossilien im Kontext der Biografien ihrer Sammler – von Bürgern Geras aus der Goethe-Zeit bis hin zu aktuellen Methoden der Präparation und Restauration. Im Foyer verweisen Paradiesvögel und Großwild-Trophäen aus der deutschen Kolonialgeschichte auf den Raubbau an der Natur aus Prestigegründen. Historische Insekten-, Pflanzen- und Pilzsammlungen können mit ihren modernen, wissenschaftlich geführten Pendants verglichen werden, indem die dahinterliegende Motivation, die verwendeten Mittel und Methoden sowie deren Ergebnisse präsentiert werden. Ein kleiner Exkurs zeigt den individuellen Werdegang vom Kastaniensammeln in der Kindheit über klassische Fehler und Irrtümer der ersten Amateursammlung bis hin zur Professionalisierung. Es werden großformatige FAQs, also häufig gestellte Fragen, zu Sinn und Nutzen privaten und wissenschaftlichen Sammelns in der heutigen Gesellschaft beantwortet und so mehr Mut zur „Nerdiness“ im positivsten Sinne gemacht.

Die Mitarbeiter des Museums für Naturkunde haben die Ausstellung in Handarbeit aus größtenteils eigenen Magazinbeständen gestaltet und mit umfangreichen Hintergrundwissen aus Historie und Gegenwart ergänzt.

Zu sehen bis zum 11. August, jeweils dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr 

Zum Foto: Der Rote Paradiesvogel Paradisaea rubra aus Neuguinea wurde im 19. Jahrhundert als Kolonialware intensiv gesammelt, um daraus Hutschmuck zu fertigen.


Ilmenau: "Goethe im Berg" - Illustrationen von Hamster Damm und Schätze der Bergbausammlung

Sonderschau bis 29. September im GoetheStadtMuseum
GoetheStadtMuseum Ilmenau

Anlässlich des 240-jährigen Jubiläums der Einweihung des Schachtes „Neuer Johannes“ durch Johann Wolfgang von Goethe auf Initiative des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach widmet das GoetheStadtMuseum Ilmenau diesem Thema eine Sonderausstellung. Sie rückt zugleich den fachlichen Aspekt dieses kühnen Unternehmens in den Mittelpunkt und bietet eine künstlerische Auseinandersetzung mit Goethes Wirken für den Ilmenauer Bergbau durch die Illustrationen von Joachim Hamster Damm. Diese gestaltete er für das Buch „Geheimnißvoll offenbar“ Goethe im Berg, geschrieben von seiner Mutter, Sigrid Damm. Es erschien 2009 im Insel Verlag. Dazu werden in der Exposition seine Vorentwürfe zu sehen sein.

Als Goethe in Amtsangelegenheiten am 3. Mai 1776 erstmals die Stadt Ilmenau betrat, stellte er fest, dass die Gegend zwar „herrlich“ war, aber die Bergbauanlagen nach einem Dammbruch vor 37 Jahren einen traurigen Anblick boten und die Bevölkerung große Not litt. Im Auftrag des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach wurde gemeinsam mit dem sächsischen Bergbausachverständigen Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra der Wiederangriff des Bergbaus gewagt. Goethe besuchte die Bergbauanlagen im Harz und war bestrebt, auch selbst technisches Wissen auf diesem Gebiet zu erlangen.

In der Sammlung des GoetheStadtMuseums Ilmenau befinden sich kostbare, historische Veröffentlichungen, die ihm möglicherweise als Fachliteratur dienten. Neben dem Standardwerk „Vom Bergwerk“ von Georgius Agricola aus dem Jahr 1557, studierte er die Henneberger Bergordnung von 1566. Sicher waren ihm auch die Bände „Unterirdische Schatzkammer aller Königreiche und Länder“ von Franz Ernst Brückmann von 1727/1730, das Fachbuch „Schauplatz der Wasserkünste“ von 1725 oder Veröffentlichungen zum Hütten- und Schmelzwesen von Abraham Schönberg und Andreas Schlüter aus den Jahren 1692 und 1738 bekannt. In Ilmenau konnte er sich auf einen der ersten Absolventen der Bergakademie Freiberg, den Fachmann Carl Wilhelm Voigt, verlassen. Seine Publikationen zur geologischen Erforschung Thüringens und dem Ilmenauer Kupfer- und Silberbergbau eröffneten in der Fachwelt einen erweiterten Diskurs zur Erforschung der Erdgeschichte.

So hoffnungsfroh die Unternehmung begann und man 1792 nach acht Jahren das Erz in einer Tiefe von 229 Metern erreichte, so groß war die Enttäuschung, als nach geringem Ertrag und dem Bruch des Entwässerungsstollens 1796 der Ilmenauer Kupfer- und Silberbergbau für immer niedergelegt werden musste.

Goethe vermerkte bereits 1794 in seinem Tagebuch „An dem Bergbaue zu Ilmenau hatten wir uns schon mehrere Jahre herumgequält; eine so wichtige Unternehmung isolirt zu wagen, war nur einem jugendlichen, thätig-frohen Übermuth zu verzeihen.“

Goethes Interesse an Geologie, Mineralogie und Paläontologie resultierte jedoch aus dieser Unternehmung und trug zu seiner Sammelleidenschaft bei. In der Exposition werden einige für die Region typischen Gesteine und Fossilien vorgestellt. Weitere Schätze der Ausstellung sind die Bergbarte (Bergaxt) Carl Augusts von Sachsen-Weimar Eisenach aus dem Stadtmuseum Weimar und ein Glasbecher, den der Vitzeberghauptmann Trebra seinem Freund Goethe zum Geschenk machte, eine Leihgabe der Klassik Stiftung Weimar.

Geöffnet Di-So sowie an Feiertagen von 10:00 bis 17:00 Uhr

Begleitprogramm: Sonderausstellung / Ilmenau - Goethe- und Universitätsstadt

Abbildung: Joachim Hamster Damm: Eröffnung © Joachim Hamster Damm


Aus dem Dunkel der Vorzeit – Altenburgs prähistorische Sammlung in neuem Licht

Gemeinsames Ausstellungsprojekt der Altenburger Museen im Schloss- und Spielkartenmuseum
Altenburg Schloss- und Spielkartenmuseum

Im ersten großen gemeinsamen Ausstellungsprojekt der Altenburger Museen wird bei einer Sonderausstellung bis zum 10. November 2024 die archäologische Sammlung der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft im Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg präsentiert. Zahlreiche kaum mehr bekannte, doch bedeutende Exponate werden hier erstmals einer interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Besucherinnen und Besucher erwartet bei der Ausstellung „Aus dem Dunkel der Vorzeit – Altenburgs prähistorische Sammlung in neuem Licht“ nicht nur ein spannendes sondern auch ein lehrreiches Ausstellungserlebnis. Bereits zum Auftakt der Präsentation wird ein Eindruck vom archäologischen Schauplatz Ostthüringen vermittelt: Auf einer großformatigen Flurkarte werden archäologische Fundorte in der Region vorgestellt und damit zugleich der Reichtum prähistorischer Objekte aus dem Osterland und den umliegenden Regionen. 

Diese Objekte stellen die Basis für die – in ihrem Umfang – bisher einmalige Ausstellung dar. Neben Ausstellungshighlights wie den goldenen Lockenringen vom Altenburger Lerchenberg oder dem Hortfund von Schlöben werden auch Stücke gezeigt, die als Gebrauchsgegenstände eingeordnet werden können. Beispielsweise illustriert eine große Auswahl prähistorischer Äxte nicht nur ihren früheren Zweck, sondern auch die handwerklichen Fähigkeiten altertümlicher Zivilisationen. Der Präsentation dieser Gegenstände sowie mehrerer überregionaler Exponate, deren Entstehungszeit über mehrere tausend Jahre reicht, gingen in den vergangenen Jahren erhebliche Forschungs- und Analysearbeiten voraus. Die Ergebnisse werden nun erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Komplettiert wird die Ausstellung durch Leihgaben aus dem Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, der Klassik Stiftung Weimar (Goethe Nationalmuseum) und dem Landesmuseum für Vorgeschichte Halle.

Zugleich setzt sich die Ausstellung mit der Sammlungsgeschichte archäologischer Artefakte aus der Region auseinander. Die besondere Stellung der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes (GAGO) und ihres Mitgliedes Ernst Amende (1852-1940) wird ebenso thematisiert, wie Altenburgs zweite, von Bernhard August von Lindenau zusammengetragene, archäologische Sammlung. Außerdem wirft die Ausstellung einen Blick in die Geschichte des Schloss- und Spielkartenmuseums. Durch die Rekonstruktion des hauseigenen Depots bekommen die Besucherinnen und Besucher einen Eindruck von der Aufbewahrungspraxis im Museum. Mit etwas Selbstironie werden dabei auch die teils unorthodoxen – aus Materialmangel resultierenden – Verwahrmethoden aus der Zeit der DDR verdeutlicht. 

Den Bogen in die Gegenwart spannt die Ausstellung mit Erläuterungen zu aktuellen Funden aus dem Altenburger Land. So wurden zuletzt im Zuge von Fernleitungsarbeiten mehr als 20 Fundstellen ausgemacht, denen archäologische Untersuchungen folgten. Die Funde datieren teils bis in die Jungsteinzeit (ca. 5000 v. Chr.).

Ein eigens dafür eingerichteter Vermittlungsbereich ermöglicht es den Besucherinnen und Besuchern während des Ausstellungsaufenthaltes kreativ zu arbeiten. Nicht nur können beispielsweise Formen antiker Keramiken auf einem leuchtenden Untergrund nachgezeichnet, auch können eigene Gedanken formuliert und durch eine Zeitkapsel für die Nachwelt konserviert werden. Durch den Einsatz einer Graphic Novel und des Ausstellungsführers „Wippi“ wird der Zugang zu den Exponaten besonders für jüngere Besucherinnen und Besucher erleichtert.

Foto: Steven Ritter


Weimar: Eine Niederländerin fördert die deutsche Kulturnation

Sonderausstellung „Sophie. Macht. Literatur“ im Goethe- und Schiller-Archiv | Bis 15. Dezember
Sophie Ausstellung Weimar

Zum 200. Mal jährt sich 2024 der Geburtstag einer außergewöhnlichen Frau: der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach. Ihr Wirken ging weit über das für Regentinnen übliche kulturelle Mäzenatentum hinaus. Mit der Initiierung der ersten Gesamtausgabe von Goethes Werken, der Weimarer Ausgabe, und der Gründung des ersten forschungsbasierten Literaturarchivs auf deutschem Boden schrieb sich die gebürtige Niederländerin unwiederbringlich in die deutsche Kulturgeschichte ein und prägte das (inter-)nationale Goethe-Bild bis heute. Die Sonderausstellung „Sophie. Macht. Literatur – Eine Regentin erbt Goethe“die bis zum 15. Dezember im Goethe- und Schiller-Archiv zu sehen ist, widmet sich kritisch den Verdiensten Sophies und fragt, in welchem Wechselverhältnis Literatur und Macht in der damaligen wie auch in der aktuellen Kulturpolitik stehen.

„Sophies Initiative, Goethes Nachlass der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu erforschen, war entscheidend für die Anerkennung der Dichterhandschriften als UNESCO-Weltdokumentenerbe ,Memory of the World‘ 2001. Ihr persönliches und ihr finanzielles Engagement ermöglichten den Bau des Goethe- und Schiller-Archivs, das sich zu einem Zentrum für unser literarisch-kulturelles Gedächtnis des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelt hat“, erläutert Dr. Christian Hain, kommissarischer Direktor des Archivs.

Im April 1885 erhält die bereits 61-jährige Großherzogin als Alleinerbin den handschriftlichen Nachlass Johann Wolfgang von Goethes. Bereits fünf Tage nach der Testamentseröffnung lässt Sophie die wertvollen Handschriften ins Weimarer Stadtschloss bringen. Schon im Mai steht der Masterplan der kulturpolitisch aktiven Regentin: Neben der Errichtung eines Goethe-Archivs strebt sie die Erarbeitung der ersten Gesamtausgabe von Goethes Werken und die Erstellung einer umfassenden Goethe-Biografie an. Unter dem Einfluss des Wilhelminischen Zeitgeistes, der nationale Identität nicht ohne nationale Literatur denkt, erkennt Sophie das Potential des Dichters und Geheimen Rats als geeigneter Projektionsfigur. Komplementär zur politischen Hauptstadt Berlin ist Weimar als geistiges Zentrum Deutschlands zu etablieren. Um ihre Ziele zu verwirklichen, greift Sophie hin und wieder selbst ins Forschungsgeschehen ein: so muss Herman Grimm sein Vorwort zur Goethe-Gesamtausgabe mehrfach ändern, erotische Passagen aus Goethes „Venetianischen Epigrammen“ und „Römischen Elegien“ werden vor der Veröffentlichung zurückgehalten. Nicht an der Weimarer Ausgabe beteiligten Forschern wird schließlich der Zugang zu Goethes Handschriften verwehrt, um den Exklusivanspruch des patriotischen Großprojekts nicht zu gefährden.

Die Ausstellung „Sophie. Macht. Literatur“ führt das Wirken einer Niederländerin vor Augen, die zwei der renommiertesten nationalstaatlichen Projekte zur Förderung deutscher Literatur umsetzt und größtenteils aus ihrem Privatvermögen finanziert. Einmal mehr wird damit deutlich, dass Archive und die in ihnen aufbewahrten Nachlässe auch stets gesellschaftspolitisch beeinflusste und wirkende Instanzen zur Fortschreibung des kollektiven Gedächtnisses sind.

Abbildung: Lauchert, Sophie v. SWE, © Klassik Stiftung Weimar


Leipzig: BEFLÜGELNDES FIEBER. Jugendstil im Grassi

GRASSI Museum für Angewandte Kunst präsentiert bis 6. Oktober rund 350 Objekte namhafter Künstler und Künstlerinnen des Jugendstils
GRASSI Museum für Angewandte Kunst präsentiert ab 4. November rund 350 Objekte namhafter Künstler und Künstlerinnen des Jugendstils.

Vertreten sind Arbeiten unter anderem von Emil Gallé, Henry van der Velde, Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich sowie bekannter Firmen und Manufakturen wie Johann Lötz Witwe, WMF, Meissen und KPM. Die Ausstellung umfasst Vasen, Schmuck und Dekor, aber auch Gegenstände des täglichen Lebens wie Geschirr und Besteck.

Eine Vielzahl der ausgestellten Werke stammt aus der Sammlung des Nürnberger Ehepaars Pese, die im Jahr 2020 als Schenkung in das Museum kam. Ergänzt wird die Schau durch Erwerbungen der letzten zwei Jahrzehnte aus dem umfangreichen Bestand des Museums. Bereits seit den späten 1890er Jahren hat das Museum Jugendstil gesammelt. Vor gut einem Jahrhundert war dies ein klares Bekenntnis zur Moderne und eine Abkehr des als verstaubt wahrgenommenen Historismus der Gründerzeit: auch Leipzig hatte das „beflügelnde Fieber“ erfasst.

Der Ausstellungstitel geht auf ein Zitat Robert Musils (1880 – 1942) zurück, der treffend die Zeit der Jahrhundertwende beschreibt, in der sich plötzlich dieses Fieber in ganz Europa ausgebreitet habe und ein Zeitenwandel stattfand. Eine Vielzahl der rund 350 ausgestellten Objekte stammt von dem Ehepaar Pese, dessen Sammlung zunächst als Leihgabe ins GRASSI Museum für Angewandte Kunst gekommen war. Im Oktober 2020 wurde sie dem Haus als Schenkung übereignet. Dr. Claus Peses Leidenschaft für den Jugendstil und den Historismus gründet auf seiner jahrzehntelangen professionellen Auseinandersetzung als Kunsthistoriker mit diesen Epochen. Fast dreißig Jahre war er im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg tätig und bearbeitete dort die schriftlichen Nachlässe aus allen Bereichen der bildenden Kunst. Bereits in seiner Dissertation (1980) beschäftigte er sich mit dem Jugendstil und spezialisierte sich dabei auf Werke, Firmen und Persönlichkeiten dieser Zeit aus seiner Heimatstadt Nürnberg. Seine Sammlung beschränkt sich aber keinesfalls auf diesen regionalen Bezug, sondern erweitert sich auf Werke aus ganz Deutschland, Frankreich, Tschechien usw. Im Jahr 2007 erschien eine umfassende Publikation zu diesem Thema. Daneben folgten weitere Publikationen, Vorträge und Essays zu den verschiedensten Bereichen der Epoche. Die Ästhetik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, dessen kulturelle Phänomene wie Künstlerkolonien und die verschiedenen, teilweise gegensätzlichen Bewegungen dieser Zeit faszinierten ihn sehr und führten dazu, dass er sich auch privat mit jenen Objekten umgeben wollte. Seine gemeinsam mit seiner Frau Maria aufgebaute Sammlung beschränkt sich aber keinesfalls auf diesen regionalen Bezug, sondern erweitert sich auf Werke aus ganz Deutschland, Frankreich, Tschechien usw. Die Sammlung Pese umfasst rund 120 Positionen des Art Nouveau aus Frankreich, Belgien und Deutschland. Darunter befinden sich Werke aus Metall, Glas, Porzellan und Holz. Vornehmlich handelt es sich um Dekorationsobjekte wie Vasen, Kerzenleuchter, Plastiken oder Figuren, aber auch Medaillen, Möbel und Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Tee- und Kaffeekannen, Geschirr, Besteck oder ein erster elektrischer Heißwasserkessel sind vertreten.

Ein umfangreiches Begleitprogramm ergänzt die Ausstellung durch Lesungen, Stadtführungen & kreative Workshops.

Foto: Felix Bielmeier


A CHAIR AND YOU

Ausstellung bis 6. Oktober im GRASSI Leipzig
GRASSI Leipzig A Chair and You

Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst zeigt mit A CHAIR AND YOU eine der weltweit bedeutendsten Privatsammlungen von Stühlen, die von über 100 Künstlerinnen und Designern sowie Architektinnen und Architekten von den 1960er Jahren bis heute gestaltet wurden. Diese außergewöhnliche Schau ist einer der Höhepunkte im Jahr 2024, in dem das Museum sein 150jähriges Bestehen feiert.

Der Genfer Unternehmer und Sammler Thierry Barbier-Mueller (1960–2023) trug seit den späten 1990er Jahren unzählige innovative und außergewöhnliche Stuhlobjekte zusammen, deren skulpturaler Charakter weit über die übliche Typologie von Stühlen hinausreicht.
Die Präsentation der rund 140 Stühle wurde dem renommierten amerikanischen Regisseur und Künstler Robert Wilson anvertraut. In einer außergewöhnlichen Inszenierung lässt er die Besucherinnen und Besucher in immersive Welten eintauchen, in denen die Stühle zu Protagonisten einer Theateraufführung werden. Mit Ton, Licht und Gestaltungselementen, die an Bühnenbilder erinnern, wird eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen, in der das ikonenhafte Designobjekt Stuhl in seinen zahlreichen Variationen auf ungewohnte Weise entdeckt werden kann. Wilson hinterfragt die Objekte, macht sie sich zu eigen und haucht ihnen Leben ein, um sie selbst sprechen zu lassen.
A CHAIR AND YOU konfrontiert die Gäste mit einer „Oper“ in vier Akten und ebenso vielen Bühnenwelten – mit einer Szenografie, in der anhand der einzigartigen Sammlung von Thierry Barbier-Mueller auch die Geschichte der Kunst und des Designs von den 1960er Jahren bis heute erzählt wird.

Kuratorinnen Chantal Prod'Hom, Lausanne/ CH Charlotte Savolainen-Mailler, Genf/ CH Ausstellungsstruktur und Gestaltung Robert Wilson/ New York, USA

Ein Buch zur gesamten Sammlung ist im Museumsshop erhältlich: The Spirit of the Chair. The Chair Collection of Thierry Barbier-Mueller, Oktober 2022, Lars Mueller Publishers GmbH, 384 Seiten, 927 Abbildungen, 22x30cm (engl./ franz.)

Foto: Bright selection A, copyright Lucie Jansch


Jena: Graphic Novel Ausstellung „Drei Steine“

Provoking Panels von Illustrator Nils Oskamp bis 9. Oktober in der Villa Rosenthal

Nils Oskamp erzählt in seiner autobiografischen Graphic Novel „Drei Steine“ die Geschichte seiner Jugend in den 1980er Jahren in Dortmund-Dorstfeld, wo er Opfer rechter Gewalt wurde.

Als ein Mitschüler in der Schulklasse den Holocaust verleugnet und weitere Nazi-Parolen propagiert, lehnt sich Nils Oskamp dagegen auf und sagt ihm und seinen Mitschüler:innen klar seine Meinung. Dadurch macht er sich zur Zielscheibe der örtlichen Neonazis und es beginnt ein Kampf ums nackte Überleben.

Nils Oskamp zeigt in eindrücklichen Bildern, wie die Leher:innen und die Polizei die Bedrohung nicht ernst nehmen und auch die Familie die Gefahr nicht erkennt. Mehrfach wird er krankenhausreif geschlagen. Die Spirale der Gewalt eskaliert und gipfelt in zwei Mordanschlägen.

Nils Oskamp ist in Dortmund aufgewachsen und studierte im Ruhrgebiet Grafikdesign mit dem Schwerpunkt Illustration. Die Graphic Novel über seine Jugend, sein Leben mit der Angst und die Ohnmacht von Staat und Bevölkerung gegenüber rechtsradikaler Gewalt, ist eine beeindruckende Mahnung an alle, die den Rechtsradikalismus verharmlosen. Ein Werk, das umso bedrückender ist, da es auch dokumentiert, dass die rechte Bedrohung inmitten unserer Gesellschaft wächst.

Die Ausstellung war seit 2017 an vielen Orten in ganz Deutschland zu sehen und zeigt Original-Zeichnungen, Gemälde, Studien, Texttafeln, ein Diorama sowie eine Medienstation mit Video-, Audio- und Foto-Beiträgen.

 


Gotha: S.O.S. Grünes Herz. Unsere Natur im Wandel

Ausstellung bis 27. Oktober im Herzoglichen Museum Gotha, Ausstellungshalle

Wolf, Borkenkäfer und japanischer Staudenknöterich sind in die Ausstellungshalle des Herzoglichen Museums Gotha eingezogen – und mit ihnen viele Fragen, Informationen und Antworten rund um eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Ausstellung „S.O.S. Grünes Herz. Unsere Natur im Wandel“, die Jahreshauptausstellung 2024 der Friedenstein Stiftung Gotha, behandelt ein globales Thema auf lokaler Ebene und nimmt dabei auch gesellschaftliche Themen in den Blick. Sie lädt die Besucher*innen auf eine Reise durch die Veränderungen unserer heimischen Landschaften und Ökosysteme ein.

Die Schau zeigt an Beispielen aus dem lokalen Umfeld Gothas, welchen Einfluss der Mensch auf seine Umwelt hat. Industriell geprägte Landschaften, Monokulturen in der Land- und Forstwirtschaft, die Begradigung und Kanalisierung vieler Fließgewässer – all das hat nicht nur ökologische, sondern auch soziale und ökonomische Folgen. Die Ausstellung beleuchtet nicht nur seltene und gefährdete, sondern auch eingeschleppte Arten, die unsere Ökosysteme bedrohen. Natur- und Artenschutz werden als wichtige Instrumente diskutiert, aber auch die Grenzen und Perspektiven dieser Maßnahmen aufgezeigt. Verschiedene Zukunftsszenarien runden die Ausstellung ab.

Ein besonderes Highlight ist die große, zentrale Inszenierung „Moderne Natur“, die als zeitgemäßes, stilisiertes Großdiorama die Ausstellungsthemen sinnlich und visuell zugänglich macht. Hier ist auch ein filigranes Orchideenmodell zu sehen, das dank der großzügigen Unterstützung der Museumslöwen – Gemeinschaft zur Förderung des Museums der Natur Gotha e.V nun Teil der naturkundlichen Sammlung des Friedenstein ist.

In der Sonderausstellung sind rund 100 Exponate zu sehen, darunter überwiegend präparierte Tiere, Insektenkästen und genadelte Insekten, naturwissenschaftliche Modelle sowie Gemälde, Kupferstiche und Porzellan. Ergänzt werden diese durch digitale und analoge Hands-on-Stationen.


Lutherhaus Eisenach zeigt Ausstellung, die aufklärt und mahnt

Sonderausstellung „Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ‚Entjudungsinstitut‘ 1939–1945“ bis 23. Dezember zu sehen
Lutherhaus Eisenach verlängert erfolgreiche Sonderausstellung

„Angesichts der besorgniserregenden Zunahme antisemitischer Ansichten – auch in kirchlichen und akademischen Milieus – scheint unsere Sonderausstellung leider aktueller denn je zu sein“, sagt Museumsdirektor Dr. Jochen Birkenmeier. „Die bösartige Mischung aus Verschwörungsmythen, Judenhass und Pseudo-Wissenschaft zeigt im Falle des sogenannten Entjudungsinstituts beispielhaft, welche Folgen ideologische Verblendung und die Dämonisierung von Minderheiten haben können. In Zeiten wachsender Demokratieverachtung soll unsere Ausstellung deshalb weiterhin der Aufklärung und Mahnung dienen.“

Über die Sonderausstellung „Erforschung und Beseitigung“

Seit 2019 zeigt die Stiftung Lutherhaus Eisenach auf einer Fläche von knapp 120 Quadratmetern die Hintergründe, die Arbeit und die Nachwirkungen des 1939 in Eisenach gegründeten „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Im Rahmen museumspädagogischer Angebote können sich zudem Schüler- und Erwachsenengruppen unter anderem über die Wurzeln des kirchlichen Antisemitismus informieren und darüber diskutieren, wie man in der heutigen Zeit für Toleranz und Dialog einstehen kann. Bei weiteren Workshops können sich die Teilnehmer:innen in dreisprachiger Kalligraphie üben oder die Riten und Symbole des Judentums kennenlernen.

Foto © Stiftung Lutherhaus Eisenach (Sascha Willms)